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Aus: Ausgabe vom 22.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Verschlechterte Konkurrenzfähigkeit

Kapitallobby wird ungeduldig

Spitzenverbände fordern mehr Engagement der Bundesregierung für Wachstum
Von Klaus Fischer
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Wirtschaft im Stillstand: Wachstum auf Pump derzeit kaum möglich

Die deutsche Kapitallobby ist mit der Bundesregierung weiter unzufrieden. Zum Wochenende legten »Arbeitgeber«- und Industrieverband erneut nach. Hauptangriffspunkt: der von der Ampelregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP lauthals verkündete »Wachstumsturbo«.

Im Ton moderat, in der Sache hart, zeigten sich Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), und Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), gegenüber dpa »Viele Ideen der Bundesregierung gehen in die richtige Richtung, aber im Ergebnis ist das alles viel zuwenig. Es sind Reförmchen. Dafür aber ist die Lage zu ernst.« Und Russwurm, ein früherer leitender Siemens-Manager, ergänzte: »In kleinen Schritten geht etwas voran. Das ist besser, als wenn nichts passiert, aber es wäre noch entschlosseneres Handeln notwendig.«

Das Hauptproblem: Die deutsche Wirtschaft steckt seit 2022 in einer umfassenden Krise und wächst nicht. Die Ampel will mit ihrer »Wachstumsinitiative« gegensteuern. Doch für die vom Kapital erwarteten großen Schritte fehlt das Geld. Statt dessen verspricht man Verbesserungen bei Abschreibungen und (allen Ernstes) »Bürokratieabbau« – ein Vorhaben, das regelmäßig mehr Bürokratie schafft und den Staatsapparat weiter aufbläht.

Ein schönes Versprechen ist auch, energieintensive Firmen bei den Strompreisen zu »entlasten«. Aber gerade die seit der Kappung der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland dauerhaft gestiegenen Energiekosten haben dem Wirtschaftsstandort Deutschland schwer geschadet und seine Konkurrenzfähigkeit verschlechtert. Der zunehmend hilflose Staat kann dies nicht mit Geld – das er nicht mehr ausreichend hat – kitten.

Trotz der Lage glaubt die Regierung, dass ihr Wachstumspaket im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Konjunkturschub von mehr als einem halben Prozent führen wird. Dabei habe bereits dessen Vorgänger »Wachstumschancengesetz« gezeigt, dass nach großen Ankündigungen am Ende wenig herausgekommen ist, monierten die Lobbyisten weiter. »Wenn Vertrauen mal beschädigt ist, ist es ganz schwer, es wieder zurückzugewinnen«, warnte BDA-Chef Dulger. Und die Lorbeeren der Wirtschaftsgroßmacht Deutschland scheinen längst verwelkt. »Es ist nicht so, dass die Bundesregierung ein Programm aufsetzt und Deutschland statt Regionalliga plötzlich wieder Champions League spielt«, sagte Dulger. »Davon sind wir weit entfernt, das muss man einfach deutlich sagen.«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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