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Gegründet 1947 Sa. / So., 07. / 8. September 2024, Nr. 209
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Aus: Ausgabe vom 22.07.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Selbsteinschränkung

Zu jW vom 19.7.: »Anschlag auf die ­Pressefreiheit«

Wie krank ist eine Gesellschaft, die nicht mehr ertragen kann, dass jemand auch wider den Strich denken könnte? Immer aber gehen Denkverbote anderen Verboten und letztendlich dem eigenen Niedergang voran. Denn: Wer das Denken beschränkt, beschränkt auch seine Möglichkeiten, sich entwickeln zu können. Dass der Richter sich auf das damals ausschließlich politische motivierte KPD-Verbot bezog, zeigt, in welch erbärmlichem Zustand sich inzwischen auch die »dritte Gewalt« präsentieren kann.

Joachim Seider, Berlin

»Involution«

Zu jW vom 19.7.: »Anschlag auf die ­Pressefreiheit«

Die Einschränkung bzw. den vollständigen Abbau der bürgerlichen Rechte und Institutionen zur Sicherung der Herrschaft des Kapitals nennt Johannes Agnoli Involution. Ablesbar an aktuellen Versuchen, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit massiv einzuschränken. »Ein Herz für Kinder« (Bild) hat dieselbe Funktion wie »ein Herz für Demokratie, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus« oder ähnliches. Damit werden grundlegende strukturelle Ursachen verschleiert und heuchlerisch Werte propagiert, deren Realisierung auf keiner Agenda steht. Widerspruch oder Gegenwehr sollen sich keinesfalls gegen die Regierung, den Staat oder die herrschende ökonomische oder Eigentumsfrage richten. Das geht dann so weit, dass eine Tageszeitung wie die jW unter anderem schon deshalb auf den Index und in die extremistische Tüte gepackt wird, weil in ihr gerade auch diese Themen kritisch aufgearbeitet werden. Dabei entblöden sich die Zensoren und Gerichte nicht, dieser Zeitung vorzuwerfen, dass dort häufig auch von Klassen, Klassengesellschaften oder Klassenkampf die Rede sei, was laut Grundgesetz (GG) ja gar nicht möglich und sogar durch Artikel des GG ausgeschlossen sei, weil ja alle Menschen »gleich vor dem Gesetz« seien! Schon Wolfgang Fritz Haug sah »in der einseitigen Verteilung der Informationschancen (…) im tendenziellen aktiven wie passiven Informationsmonopol der Eliten von Macht und Besitz« eine wesentliche Wirkungsvoraussetzung antidemokratischer Strategien. »Die kunstvoll gezüchtete Ahnungslosigkeit, Gleichgültigkeit des Volkes gegenüber der Politik, ja geradezu Politikabscheu zu nennende Einstellungen, machen bestimmte gegen die Volksmehrheit eingesetzte Strategien so wirksam.« Diese Wirksamkeit zu erhalten ist Aufgabe der Massenmedien, denn eine durchschaute Strategie wäre eine wirkungslose Strategie. Mit der jW, vielen neuen Abonnenten und zunehmender Verbreitung einer wissenschaftlichen Weltanschauung droht die Entlarvung sich zu einer demokratischen Epidemie auszuwachsen, was mit allen Mitteln verboten gehört. – Siehe: Urteil vom 18. Juli.

Manfred Pohlmann, Hamburg

Wovor haben sie Angst?

Zu jW vom 19.7.: »Anschlag auf die ­Pressefreiheit«

Liebe Freunde, zum Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nur zwei Dinge: 1. Wovor hat man bundesweit Angst, dass nicht einmal ein Prozess zur Sache zugelassen wird? Könnten für den »Verfassungsschmutz« weitere unangenehme Dinge öffentlich werden? 2. Nun erst recht: Als Abonnent habe ich schon länger mit dem Gedanken gespielt; jetzt passiert es: Ich werde Mitglied Eurer Genossenschaft LPG junge Welt eG. Haltet durch und lasst Euch nicht unterkriegen!

Wolfgang Frotscher, Frankfurt (Oder)

Furcht vor Marx

Zu jW vom 19.7.: »Anschlag auf die ­Pressefreiheit«

jW – jetzt erst recht! Der Richterspruch hat wieder einmal sehr deutlich gemacht, welche Heidenangst das Kapital vor den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Karl Marx hat. Seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen aus den gesellschaftlichen Verhältnissen seiner Zeit sind genial und heute so aktuell wie damals. Politische Bildung tut not, deshalb wird die junge Welt weiter unterstützt. Danke, bitte nicht nachlassen.

Peter Gabriel, Dietzenbach

Ersthelfer vonnöten

Zu jW vom 18.7.: »Reanimation zu spät«

Die Überlastung der Rettungsstellen und die Vielzahl unnötiger Rettungsdiensteinsätze lässt sich wie folgt begründen: Abnahme der Zahl der Haus- und Fachärzte, unzureichende Kapazitäten bzw. Qualitätsmängel in der Pflege (häuslich, ambulant, stationär), Anspruchsdenken der Bürger, Unkenntnis bzw. (oberflächliches) »Wissen« aus dem Internet vieler Menschen über Krankheiten und Hilflosigkeit bzw. Lebensuntüchtigkeit beim Umgang mit Bagatellverletzungen.

Obige Gründe resultieren direkt bzw. indirekt aus dem Kapitalismus. Die Quote erfolgreicher Reanimationen (Herz-Lungen-Wiederbelebung) ließe sich nur erhöhen durch verpflichtende Schulungen aller Mitbürger – in Schulen, Universitäten, Betrieben. Denn wissenschaftlicher Konsens ist, dass nur eine schnell eingeleitete, effektive Herzdruckmassage und – wenn vorhanden – der Einsatz eines automatischen Defibrillators (AED) die Chancen erhöht, dass Patienten nach einem Herzstillstand ohne neurologische Folgeschäden überleben. (…)

Marian Rose, per E-Mail

Seriöser Journalismus

Zu jW vom 13./14.7.: »›Gaza-Nakba 2023. Das wird das Ende sein‹«

Vielen Dank für diesen Artikel. Ich musste beim Lesen daran denken, dass dieser noch vor wenigen Jahren als begleitender Kommentar zu einer Reportage (z. B. von Peter Scholl-Latour) im öffentlich-rechtlichen Fernsehen genau so hätte gesendet werden können. Heute werden jene, die ihre »Informationen« nach wie vor ausschließlich von den »Qualitätsmedien« beziehen, mit Verdrehungen, Halbwahrheiten und Lügen gefüttert, damit sie in einem Dämmerzustand der Ahnungslosigkeit über die Realität verbleiben und Propaganda für Wirklichkeit halten. Ein Abo der jW war für mich der Schlüssel zu Informationen, mit denen ich zu den unterschiedlichsten Sachverhalten tatsächlich so informiert werde, wie ich es von seriösem Journalismus erwarte.

Ralph Scheuermann, Frankfurt am Main

Der Richterspruch hat wieder einmal sehr deutlich gemacht, welche Heidenangst das Kapital vor den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Karl Marx hat.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!