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Aus: Ausgabe vom 27.07.2024, Seite 7 / Ausland
Vietnam

Abschied in Hanoi

Kämpfer gegen Korruption: Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Trong, nach zweitägiger Staatstrauer beigesetzt
Von Gerhard Feldbauer
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Trauer um Trong: Beisetzung des Parteiführers am Freitag in Hanoi

Der am 19. Juli im Alter von 80 Jahren verstorbene Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV), Nguyen Phu Trong, ist am Freitag nach zweitägiger Staatstrauer auf dem Friedhof Mai Dich in Hanoi, der Ruhestätte hoher Partei- und Staatsfunktionäre, beigesetzt worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA). An seinem mit dem Rot und Gold der vietnamesischen Flagge im Nationalen Bestattungsinstitut in Hanoi aufgebahrten Sarg waren Tausende Vietnamesen, viele aus den Provinzen des ganzen Landes angereist, vorbeigezogen. Trauerfeiern fanden auch in Ho-Chi-Minh-Stadt, in Hanoi und in allen Provinzen statt. Die Flaggen wehten im ganzen Land auf halbmast, sämtliche Sport- und Unterhaltungsveranstaltungen waren ausgesetzt worden. Die Trauerfeierlichkeiten wurden live übertragen.

Ein gemeinsamer Nachruf des Zentralkomitees der KPV, des Präsidenten To Lam, der Regierung, der Nationalversammlung und der Vaterländischen Front, den To Lam auf der Trauerfeier verlas, würdigte Trong als einen »außergewöhnlichen Führer«, »standhaften Kommunisten« und ein »leuchtendes Beispiel«. Er habe »unermüdlich die Ideologie, das moralische Vorbild und den Stil von Präsident Ho Chi Minh studiert und befolgt« und »sein ganzes Leben dem Land, der Partei und dem Volk gewidmet«. Trong habe »auch eine Reihe enormer Beiträge zur revolutionären Sache der Partei und der Nation, zur internationalen kommunistischen Bewegung und zur Erhaltung von Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Region und der Welt« geleistet.

Die Partei würdigte den Verstorbenen als Theoretiker mit »scharfem Verstand«. Im Mai 2021 hatte er in der Parteizeitung Nhan Dan in einem viel beachteten Beitrag dargestellt, dass die sozialistische Revolution die einzige Form der sozialen Umwälzung zu einer von Ausbeutung freien Gesellschaft unter Führung der Kommunistischen Partei ist. Er hat, wie Präsident To Lam hervorhob, die »Doi Moi«-Politik, die Einbeziehung privatkapitalistischer Betriebe in Industrie, Landwirtschaft und im Finanzsektor, entscheidend als Weg zum Sozialismus geprägt, der den kapitalistischen Weg umgeht. Dabei habe er nicht nur gegen alle Sabotagepläne feindlicher Kräfte gekämpft, sondern ebenso entschlossen gegen Erscheinungen des Individualismus innerhalb der Partei, gegen Korruption und andere schädliche Praktiken. Als Ergebnis seiner Antikorruptionskampagne wurden zahlreiche hochrangige Beamte zu langen Gefängnisstrafen verurteilt, mussten sogar zwei Staatspräsidenten nacheinander zurücktreten. Während westliche Medien ihn wegen seiner konsequenten Wahrung der führenden Rolle der Partei und der Ablehnung eines Mehrparteiensystems als »Hardliner« diffamierten, stand er nicht zuletzt dank seiner Antikorruptionspolitik im Ruf eines bescheidenen und respektvollen Politikers, der bei den Vietnamesen sehr beliebt war.

In seiner pragmatischen Außenpolitik hat er mit der sogenannten Bambusdiplomatie, ein Begriff, der sich auf den im wechselnden Wind sich biegenden, aber nicht brechenden Baum bezieht, ein ausgewogenes Verhältnis zu führenden kapitalistischen Staaten wie den USA, zu China und Russland, ebenso wie zu den Nachbarn in der ASEAN, hergestellt, ohne sich auf eine Seite zu schlagen. Trong war der erste KPV-Chef, der ins Weiße Haus eingeladen wurde und diese Einladung wahrnahm. Das schlug sich in der Teilnahme westlicher Politiker an den Trauerfeiern nieder, darunter der des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, des südkoreanischen Premiers Han Duck-soo und des früheren japanischen Premiers Yoshihide Suga. US-Präsident Joseph Biden nannte Trong einen »Verfechter der engen Beziehungen« zwischen Amerikanern und Vietnamesen.

Was die Nachfolge betrifft, steht Hanoi vor schwierigen Entscheidungen. Bis zur Wahl eines neuen Parteichefs durch das Zentralkomitee nimmt Politbüromitglied und Staatspräsident To Lam die Führung wahr. Ein neuer Generalsekretär könnte auch erst auf dem nächsten Parteitag im Jahr 2026 gewählt werden, so dass To Lam bis dahin amtiert und unter ihm zunächst die Ämter des Generalsekretärs und des Staatschefs wieder in einer Hand vereinigt werden.

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