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Aus: Ausgabe vom 27.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Auf seiten Israels

Zuspruch für Netanjahu in den USA
Von Knut Mellenthin
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Komplizen im Verbrechen: Nur durch die Unterstützung von US-Präsident Biden (r.) konnte das Massaker in Gaza bis jetzt andauern (Washington, 25.7.2024)

Im eigenen Land scheint Israels Regierungschef unumkehrbar auf der Verliererstraße. Aber seinen viertägigen Besuch in Washington beendete Benjamin Netanjahu am Donnerstag trotzdem als strahlender Sieger. Das verdankt er vor allem seiner Rede im US-Kongress am Mittwoch, die ähnlich von Beifallsstürmen umjubelt war wie sein Auftritt im Februar 2015.

Damals hatten die Republikaner Netanjahu in den Kongress geholt, um ihm ein Forum für scharfe Angriffe auf Präsident Barack Obama zu bieten, dessen Administration kurz vor der Unterzeichnung des Wiener Atomabkommens mit dem Iran stand. Anlass der jetzigen Einladung durch die Republikaner, die schon im März ausgesprochen wurde, war eine sachlich geringfügige Meinungsverschiedenheit zwischen dem israelischen Premierminister und Präsident Joseph Biden: Es ging um die Lieferung bestimmter superschwerer Bomben für die Kriegführung gegen die Palästinenser im Gazastreifen. Geringfügig war die Sache, weil es sich nur um eine zeitliche Verzögerung handelte und weil die israelischen Streitkräfte, die seit Kriegsbeginn im Oktober vorigen Jahres mehr als 20.000 Bomben aus den USA erhalten haben, über ausreichende Vorräte verfügen.

Es ist eine feste Regel seit Jahrzehnten: Wenn es offen ausgetragene Interessenkonflikte zwischen Washington und Jerusalem gibt, stellt sich eine große Mehrheit der US-amerikanischen Abgeordneten und Senatoren zuverlässig, geradezu reflexartig auf die Seite des zionistischen Staates. Das gilt selbstverständlich verstärkt, wenn die Republikaner in der Opposition sind, und noch mehr in der gegenwärtigen äußerst angespannten Phase des Präsidentenwahlkampfs. Aber es gilt darüber hinaus auch grundsätzlich für beide großen Parteien der USA. Zwar blieben am Mittwoch 68 Demokraten als Zeichen ihrer Kritik an der Art der israelischen Kriegführung im Gazastreifen der Rede Netanjahus fern. Aber fast 200 demokratische Abgeordnete und Senatoren nahmen an der Sondersitzung des Kongresses teil und applaudierten zusammen mit den Republikanern. Einige schienen sogar sehr lebhaft bei der Sache, wie Videos zeigen.

Und was wurde beklatscht? Berichte über Hunger im Gazastreifen seien »kompletter Unsinn«, sagte Netanjahu. Die israelischen Streitkräfte nähmen mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung »als irgendein Militär in der Geschichte«. Israels »heldenhafte Soldaten« sollten nicht kritisiert, sondern gelobt werden. Die Demonstranten gegen die israelische Kriegführung stünden »an der Seite der Hamas«, »an der Seite von Vergewaltigern und Mördern«, ihre Proteste würden vom Iran finanziert.

Aber jetzt hat die Wirklichkeit ihn wieder. Nach wie vor wollen mehr als 60 Prozent der Israelis Netanjahu lieber heute als morgen loswerden. »Eine Rede reicht nicht aus, um ein Land zu reparieren«, titelte die weit rechts stehende ­Jerusalem Post, die ihn jahrelang treu unterstützt hatte, am Freitag.

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