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Aus: Ausgabe vom 27.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Lobbyist des Tages: Dirk Niebel

Von Oliver Rast
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Hält sich, als Kontaktvermittler in die hiesige Ministerialbürokratie, für besonders clever: Niebel, Dirk-Ekkehard

Das kann er toll: stolpern. Doppelex Dirk Niebel, das einstige freidemokratische Generalsekret und BRD-Ministerchen im Merkel-Kabinett. Im Dezember 2013 war aber Schluss mit ministerieller Selbstdarstellerei. Die Dauervorwürfe: Vetternwirtschaft, Ämterpatronage. Niebels Entwicklungsbehörde quasi als FDP-Sozialamt, Anschlussverwendungsstelle für Parteigetreue. Niebel lobbyiert fortan. Als Vorstandsberater für Rheinmetall, dem Todbringer. Prädestiniert dafür ist er ja, als Jahrgangsbester beim Feldwebellehrgang für Fallschirmjäger. 88 war das.

Eine Beraterklitsche in Berlin betreibt Niebel parallel. Ideal für eine Undercoverrecherche. Das Ergebnis veröffentlichte ein Team des Onlineportals Abgeordnetenwatch.de und des ZDF Donnerstag abend. Der Köder: Niebel möge mit seinem »guten Namen« für eine luxemburgische Lobbyagentur Türen öffnen, sperrangelweit. Bis in die Ministerriege. Also ein Investitionsvorhaben »politisch flankieren«. Denn es gehe um die Ansiedlung eines »namhaften E-Zigarettenherstellers« in Deutschland. Keine zwei Stunden später, so die Rechercheure, mailte der eitle Fatzke zurück: »Gerne können wir uns treffen.«

Stilsicher dinierten die Konspirierenden im »renommiertesten Privatklub« der Hauptstadt. Im Adlon-Palais, einer lasterhaften Kontaktbörse, unweit von Bundestag und Kanzleramt. Kurze Businesswege sind wichtig. Und Dirki soll geprahlt haben. Dates mit amtierenden Ministern seien ihm noch nie verweigert worden. Die dauerten halt ein bisschen. Kürzlich erst habe er mit dem Kanzleramtsminister SMS ausgetauscht.

Bloß, was konnte Niebel klarmachen? Offenbar einiges. Termine mit einer Staatssekretärin im AA und mit Finanzministerkumpel Lindner sind laut Rechercheteam aktenkundig. Weiteres hätte gekostet, das Gesamtpaket 187.200 Euro. Später wird der Doppelex sagen: alles rechtens. Bis zum nächsten Fallstrick.

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