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Aus: Ausgabe vom 27.07.2024, Seite 1 (Beilage) / Wochenendbeilage
Anti-NATO-Aktion in Griechenland

»Wir erleben die Vorbereitung für den Krieg«

Über Protest gegen die NATO in Griechenland, Palästina-Solidarität und die Folgen der Syriza-Regierung. Ein Gespräch mit Lamprini Thoma und Ntinos Palaistidis
Interview: Marc Bebenroth
»Antiamerikanismus« lernt man in der griechischen Linken von Beginn an: Anti-NATO-Protest in Thessaloniki (7.7.2016)
Die Journalistin Lamprini Thoma zu Gast in Berlin (4.6.2024)
Ntinos Palaistidis, Gewerkschafter und Anti-NATO-Aktivist, besuchte die Redaktion dieser Zeitung (4.6.2024)

Das Ende der faschistischen und von der NATO gestützten Militärdiktatur in Griechenland hat sich am 24. Juli zum 50. Mal gejährt. Können Sie das kollektive Gedächtnis der griechischen Bevölkerung heute noch nutzen, um Menschen für Ihren Protest gegen die sich auf einen großen Krieg mit Russland und China vorbereitende Allianz zu gewinnen?

Ntinos Palaistidis: Wir setzen auch auf die Erinnerung an die griechische Geschichte, ja. So am 17. November, dem Tag als 1973 die Militärjunta den Aufstand unzähliger Studenten, Schüler und Arbeiter am Athener Polytechnio mit Panzern und Soldaten brutal niedergeschlagen hatte. An diesem Datum versammeln wir uns seither jedes Jahr zu Hunderttausenden und laufen Richtung US-Botschaft. 2023 zog die Demon­stration auch noch zur Vertretung Israels. Wir nutzen, was wir haben, und sie können uns nicht aufhalten. Sie können uns nicht einfach sagen »Geht nicht auf die Straße am 17. November«.

Und nach dem, was 2014 in der Ukraine passierte, fingen wir an, auch Veranstaltungen zum 9. Mai zu machen als den Tag des antifaschistischen Sieges. Es gibt dieses Monument zu Ehren eines sowjetischen Soldaten, der mit den letzten griechischen Kommunisten in den Bergen gegen die Nazis gekämpft hatte. An diesem Ort feiern wir seit 2014 den 9. Mai. Aber wir können auch noch weiter zurückgreifen, zum Beispiel auf den Bürgerkrieg (März 1946 bis August 1949, jW). Oder noch weiter zurück … der moderne griechische Staat war immer unter der Knute einer der großen westlichen Mächte.

Lamprini Thoma: Der Antiamerikanismus ist etwas, das man ganz am Anfang lernt, wenn man in der Linken aktiv wird. Das kommt von der Diktatur, aber nicht nur davon. So sind die Standorte der NATO-Basen in Griechenland Orte mit ernsthaften sozialen Problemen, wegen der Amerikaner. Wir hatten Vergewaltigungen von minderjährigen Mädchen durch US-Soldaten. Wir hatten GIs, die Synagogen niedergebrannt hatten.

Wann war das?

L. T.: Das war vor zehn Jahren, also innerhalb der ersten zwei Jahre der Krise. Und man kann sie nicht vor ein griechisches Gericht stellen wegen ihres Sonderstatus. Die werden einfach wieder zurück in die USA geschickt. So ist es mit allen US-­Basen, vor allem die in Souda auf Kreta. Sie ist die älteste in Griechenland und hat sehr gewichtige, sehr große soziale Probleme. Wie in Deutschland, der Türkei oder auf Okinawa in Japan …

Ihre Gruppe nennt sich »Anti-NATO-Aktion«. Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie und Ihre Mitstreiter sich dazu entschlossen hatten, politisch aktiver zu werden?

N. P.: In Griechenland gibt es, wie gesagt, eine starke Anti-NATO- und Anti-USA-Tradition. Unsere Gruppe formierte sich im Februar 2022, als russische Truppen in die Ukraine einmarschiert waren. Unser Hauptanliegen war, den Menschen mehr Informationen zu geben, also nicht die offiziellen Informationen, sondern die inoffiziellen. Und wir wollten Menschen dazu bewegen, sich zu organisieren, mit dem Ziel, die Pläne der NATO zu vereiteln.

Was waren das für offizielle Informationen und Botschaften, denen Sie etwas entgegensetzen wollten?

N. P.: Das war einseitige Propaganda. Wir wollten darüber aufklären, dass der ­Ukraine-Krieg nicht erst 2022 seinen Anfang nahm und die Hauptverantwortung nicht ausschließlich bei Russland liegt.

Wie hatte die konservative griechische Regierung gegenüber der Öffentlichkeit auf den 24. Februar 2022 reagiert?

N. P.: Die Hauptbotschaft war, dass Russland angegriffen hat, dass die arme Ukraine sich selbst verteidigen und »wir« auf der richtigen Seite der Geschichte stehen müssten. Das waren die genauen Worte von Premierminister Kyriakos Mitsotakis (Vorsitzender der christdemokratischen Nea Dimokratia, jW): »Die richtige Seite der Geschichte«. Und das sind die Ukraine und der Westen. Auch mit Blick auf Israels Gazakrieg spricht die griechische Regierung von der richtigen Seite der Geschichte …

Und wo steht die griechische Bevölkerung in der Frage?

N. P.: Trotz der starken proisraelischen Propaganda der Regierung ist die Jugend, aber auch die Gesellschaft im allgemeinen sehr propalästinensisch eingestellt. Auch wenn man gar nicht viele Menschen auf den Straßen demonstrieren sieht. Das ist aber so, seit die Menschen sich im allgemeinen von der Syriza (die »Koalition der Radikalen Linken« stellte von Januar 2015 bis Juli 2019 die Regierung, jW) betrogen fühlen.

N. P.: Wir hören Leute sagen: »Na und, die Palästinenser sind im Recht, aber was können wir schon tun?« Das ist wie bei allem: von den Löhnen bis zur palästinensischen Frage. Die Bevölkerung ist am Boden zerstört, die Menschen führen sich zurückgelassen. Als Syriza die Regierung stellte, erreichten sie zwei Dinge: TINA, there is no alternative – es gibt keine Alternative –, das war ihre Botschaft. Und: Alle sind gleich, ob die Linke oder die Rechte.

L. T.: Von einer einfachen, gewöhnlichen Frau mit einem kleinen Minimarkt hörte ich, als der Ukraine-Krieg so richtig losging: »Als man uns zerstört hatte, wo waren da die Europäer? Das Geld, das sie der Ukraine geben, hätte uns alle retten können.« Das ist die Stimmung der einfachen Leute. »Man betrügt uns, jeder betrügt uns. Wir sind alle alleine, also kümmern wir uns um uns selbst.«

Wie groß ist die griechische Palästina-Solidaritätsbewegung, vor allem unter jungen Menschen?

N. P.: In Griechenland gab es große Demonstrationen gegen Israel. Es ist dafür sehr praktisch, dass die US-Botschaft unweit der israelischen liegt. So können die Demozüge an beiden Adressen vorbeiziehen. Jeden Sonnabend gab es zudem eine Demonstration vor dem Parlament in Athen gegen die Beteiligung des griechischen Staats am Krieg in Gaza. Das haben mehrere Gewerkschaften auf die Beine gestellt. Daran nehmen auch eine Menge junger Leute und Studenten teil. Leider gab es an griechischen Universitäten Protestcamps nicht im Ausmaß wie in anderen europäischen Ländern oder wie in den USA. Mehrere Monate lang wurden Universitäten aus einem anderen Grund besetzt: aus Protest gegen ein neues Gesetz über Privatunis.

L. T.: Im Protest gegen dieses neue Gesetz mussten die jungen Menschen auch gegen die Polizei bestehen. Denn seit Jahren befindet sich die Polizei auch auf dem Campus der Universitäten. Es gab ein palästinasolidarisches Camp an der Jurahochschule von Athen. Doch vom ersten Tag an hatte Premierminister Mitsotakis bereits die Order gegeben, das Camp zu zerstören. So etwas werde nicht geduldet. Die Polizei nahm die Protestierenden fest. Und sie nimmt übrigens auch allen ihre Palästina-Fahnen weg, die damit zu den Fußballstadien gehen. Die Regierung hat die Fahnen verboten, sobald ihr klar wurde, dass die Menschen pro Palästina sind.

Denken Sie, dass der griechische Staat besonders repressiv gegen palästinasolidarische Demonstranten vorgeht im Vergleich mit anderen Ländern?

L. T.: Es ist in Deutschland schlimmer. Ist es Ihnen erlaubt, von Genozid zu sprechen? Wir dürfen das in Griechenland sagen, ganz sicher. Wir können auch »From the River to the Sea« rufen, niemand wird uns dafür verhaften. Dafür gibt es eine starke Israel-Solidarität seitens der griechischen Rechten und vieler Zeitungen. Deren Erzählung ist, wenn Israel besiegt werden würde, kämen Millionen von Muslimen nach Griechenland. Nach dem Motto: »Wenn Griechenland nicht an der Seite Israels steht, sind wir die nächsten.«

N. P.: Heißt im Umkehrschluss: »Die Muslime kommen nicht, solange Israel stark ist.«

Das hört sich ähnlich an wie die rassistische Propaganda der Rechten, wenn es um Migration über das Mittelmeer geht.

L. T.: Ja, das spielt auch mit rein. Tatsächlich benutzt die Regierung die Migrationskrise. Das ist übrigens nicht bloß eine konservative Regierung, die ist wirklich extrem rechts. So sind sie nur gegen die »Goldene Morgendämmerung« (im Oktober 2020 gerichtlich zur kriminellen Vereinigung erklärt, jW) vorgegangen, weil sie an Macht verloren hatten. So kamen die Wähler der Neonazipartei wieder zurück zur Mutterpartei. Echte Faschisten, die wir von früher kennen, sind jetzt Minister in diesem Kabinett – und pro Israel.

Wie schwer ist es für Sie, Ihre Anti-NATO-Botschaft mit der palästinasolidarischen zu verknüpfen? Schließlich ist Israel kein Mitglied der Kriegsallianz.

N. P.: Wir haben einen Slogan: Zionisten und NATO sind dieselbe Bande. Wir müssen in Gaza und der Ukraine gewinnen.

L. T.: Griechenland ist das Verbindungsglied zwischen der Ukraine und Israel. Wir sind das zentralste NATO-Land in dieser Beziehung. Nicht nur, weil wir Waffen schicken. Wir geben Israel strategische Tiefe, seit es die Beziehungen mit der Türkei abgebrochen hatte. Griechenland macht seitdem Militärmanöver mit den israelischen Streitkräften. Wir haben sogar einen Flughafen in Kalamata, den die Israelis nutzen. Ende Mai, als der Genozid in Gaza im Gange war, gab es eine gemeinsame Übung von griechischen und israelischen Kampf­piloten. Sehen Sie, die Entfernung zwischen Tel Aviv und Kalamata ist dieselbe wie die zwischen Tel Aviv und Teheran. Jahr für Jahr begründet Israel die Manöver mit Iran und Griechenland mit der Türkei.

N. P.: In Kalamata gibt es außerdem etwas, das Israel nicht hat: Wir haben dort hohe Berge. Israels Piloten müssen damit umgehen können, wollen sie Iran angreifen.

Wie die Regierungszeit von Syriza endete, ist bekannt. Wie hat Alexis Tsipras als Premierminister die Beziehungen Griechenlands zu Israel und zur NATO geprägt?

N. P.: Als er Premier wurde, setzte er die Kooperation mit der NATO fort. Er hat sogar eine Vereinbarung vorbereitet über neue NATO-Basen in Griechenland. Die finale Unterschrift leistete sein Nachfolger Mitsotakis. Aber Tsipras hat das vorbereitet. Er hat auch die Beziehungen zwischen Griechenland und Israel vertieft. Man spricht von der Achse Griechenland-Zypern-Israel-Ägypten.

L. T.: Die Briten haben auf Zypern zwei Basen.

N. P.: Von der Insel aus bombardieren sie Jemen. Der russische Außenminister stellte auch mal die Frage in den Raum, welche Rolle Zypern bei der Zerstörung der Ostseepipeline Nord Stream 2 spielte …

Wie viele NATO-Basen gibt es derzeit in Griechenland?

N. P.: Offiziell sind es sechs. Aber es besteht eine Vereinbarung der Regierung mit der NATO, dass bei Bedarf nach weiteren Basen der Staat diese unverzüglich bereitstellt. Die Basis in Souda Bay auf Kreta ist der drittgrößte Hafen der US-Kriegsmarine der Welt. Dann gibt es noch den Hafen von Alexandroupoli, dicht an der Grenze zur Türkei. Alle Waffenlieferungen für die Ukraine gehen da durch.

Deutschlands Rolle in der NATO ist die einer logistischen Drehscheibe für Truppenbewegungen. Welche Rolle kommt Griechenland zu?

N. P.: Es hilft der NATO auf allen Ebenen. Griechenland hatte noch einige Waffen von der Sowjetunion in den Beständen. Die wurden an die Ukraine gegeben. Erstaunlich ist, dass es jeden Tag heißt, Griechenland habe Probleme mit der Türkei, aber dann werden alle Waffen von den Inseln abgezogen und an die Ukraine gegeben. Dann heißt es »Keine Sorge, wird schon nichts passieren. Und selbst wenn, dann stehen die USA an Griechenlands Seite.«

L. T.: Von Souda aus kontrolliert die NATO übrigens auch den arabischen Raum. Von dort laufen Angriffe auf die Ansarollah (auch als »Huthi« bezeichnet, jW) in Jemen. Die Kriegsschiffe starten in Souda.

Was bedeutet die Zahl der NATO-Stützpunkte, Häfen und Flughäfen für Ihren Protest? Findet der vor den Toren dieser Basen statt, oder arbeiten Sie mit Gewerkschaften zusammen, die Waffentransporte verhindern?

N. P.: Zunächst protestierten wir vor der US-Botschaft in Athen. Es gab auch Aktionen der Eisenbahngewerkschaft, die sehr gute Arbeit macht. So haben Arbeiter sich geweigert, Waffen über den Hafen von Alexandroupoli in die Züge zu verladen. Leere Züge mussten deshalb aus Rumänien kommen, um die Waffen in die Ukraine zu verladen.

Wir wären erfolgreicher, falls die Kommunistische Partei, KKE, stärkere Aktionen machen würde. Sie ist sehr mächtig in Griechenland. 1999 machten sie starke Aktionen im Protest gegen den Jugoslawien-Krieg. Jetzt aber machen sie das nicht und sagen: »Wir sind nicht auf der Seite der NATO und auch nicht auf der Seite Russlands. Wir sind in der Mitte.« Selbstverständlich sind sie gegen die NATO und machen viele Aktionen gegen die Kriegsallianz. Aber eben nicht mehr in dem Maße wie einst. Vielleicht aus Angst, man unterstellt ihnen, pro Putin zu sein.

Ihr Zusammenschluss beschreibt sich selbst als einer, in dem unterschiedliche Perspektiven zusammengebracht werden. Wo verlaufen die Trennungslinien, und was hält Sie und Ihre Mitglieder zusammen?

N. P.: Wir haben nicht wirklich eine einheitliche ideologische oder politische Auffassung. So stimmen wir nicht alle darin überein, was die Sowjetunion mal war und wie wir sie heute betrachten. Oder was China heute ist, wer Putin heute ist. Aber unsere Mitglieder haben dieselbe Auffassung von der NATO. Darüber sind wir uns einig.

Was also ist die NATO aus Ihrer Sicht?

N. P.: Das ist die moderne Wehrmacht mit SS. Sie benutzen faschistische Gruppen in der Ukraine. Die NATO ist der Hauptfeind aller Völker. In Griechenland sagt man bei Demonstrationen: 75 Jahre mit NATO, Junta, Putsch und Terrorismus – auf griechisch reimt sich das.

Haben Sie den Kontakt zur KKE für gemeinsamen Protest gesucht?

N. P.: Sie wollen die NATO besiegen, sie sind nicht in diesem Krieg mit Putin. Bei großen Demonstrationen stehen wir zusammen. Aber Sie müssen wissen: In Griechenland spricht die Kommunistische Partei nicht mit anderen Gruppen, erst recht nicht mit Gruppen, die linker sind als sie selbst. Bei jedem Konflikt auf der Welt sagt die KKE: »Schau her, das ist ein weiteres Beispiel für imperialistischen Krieg zwischen NATO, Russland, China.« Bei Palästina und Gaza sagen sie: Das ist das Ergebnis von Imperialismus zwischen Russland, China und Israel. Als der Iran mit Drohnenangriffen gen Israel auf die Zerstörung eines Botschaftsgebäudes in Damaskus reagierte, sagte die KKE, dass der innerimperialistische Krieg sich hochschaukele. Das stand so in der Parteizeitung.

Und in Griechenland teilt eine große Mehrheit der linken Parteien und der anarchistischen Bewegung diese Auffassung der KKE: Man müsse auf gleiche Distanz gehen zur NATO wie zu Russland. Gott sei dank … nicht Gott, aber irgendwem, dass wir in Griechenland keine linken Gruppierungen haben, die die NATO unterstützenswert finden.

Was ist das gemeinsame Verständnis in Ihrem Zusammenschluss davon, antiimperialistisch zu sein?

N. P.: Zuerst einmal wollen wir alle die NATO aufhalten, damit sie in der Ukraine nicht gewinnt. Das ist ein Krieg zwischen der NATO und Russland. Uns geht es nicht um Putin. Er ist kein guter Mann. So wie Saddam Hussein kein guter Mann war, oder Ghaddafi. Aber falls sie die NATO und die USA aufhalten können, sind wir mit ihnen in diesem Vorhaben, den US-Imperialismus zu stoppen – ob in Libyen, im Irak, oder sonstwo. Wir sehen doch, wie die Welt sich verändert – Stichwort multipolare Weltordnung. Wir sehen, was in vielen Ländern von Afrika bis China und überall passiert. In Westafrika konnten sie die Franzosen rauswerfen. Die wirkliche Dekolonisierung passiert jetzt gerade in Afrika, und das ist eine Hoffnung für uns. Aber zuerst gilt: Die NATO darf in der Ukraine nicht gewinnen.

Wie spiegelt sich in der griechischen Gesellschaft der Kurs der NATO-Staaten Richtung Großmächtekonflikt mit Russland und China wider?

N. P.: Wir erleben die Vorbereitung für den Krieg. Das sehen wir daran, was jeden Tag passiert, die jederzeit drohende Eskalation. Das kann etwas sein, was sich niemand vorstellen mag. Oder etwas, was die NATO auf einem Niveau zu halten versucht, das sie glaubt, kontrollieren zu können. Aber der Konflikt kann jederzeit sehr schnell sehr groß werden. Ich komme nicht umhin, daran zu denken, wie der Erste Weltkrieg anfing. Diese zwei Monate, in denen die Armeen der Nationen ausharrten in dem Glauben, es wird schon nicht zum Krieg kommen. Doch leider wollen nicht nur Griechenland, sondern in ganz Europa die Leute nicht glauben, dass es noch mal so kommt. Aber die Dinge sind gefährlich, sehr gefährlich.

Lamprini Thoma ist Journalistin und Chefredakteurin des griechischen Nachrichtenportals The Press Project. Ntinos Palaistidis arbeitet bei einem Verlag und ist seit 1993 im Büchergeschäft tätig. Er ist aktives Gewerkschaftsmitglied und hat die politische Gruppe »Against-NATO-Action – Aktion gegen NATO« mitbegründet.

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  • Leserbrief von Anke Rössig aus Zürich (29. Juli 2024 um 13:54 Uhr)
    »In Griechenland spricht die Kommunistische Partei nicht mit anderen Gruppen, erst recht nicht mit Gruppen, die linker sind als sie selbst. Bei jedem Konflikt auf der Welt sagt die KKE: ›Schau her, das ist ein weiteres Beispiel für imperialistischen Krieg zwischen NATO, Russland, China.‹ Bei Palästina und Gaza sagen sie: Das ist das Ergebnis von Imperialismus zwischen Russland, China und Israel. Als der Iran mit Drohnenangriffen gen Israel auf die Zerstörung eines Botschaftsgebäudes in Damaskus reagierte, sagte die KKE, dass der innerimperialistische Krieg sich hochschaukele. Das stand so in der Parteizeitung.« Interessant wäre es in diesem Zusammenhang, aus erster Hand die Position der griechischen Kommunisten der KKE zu Russland, dem Krieg in der Ukraine und dem Krieg Israels gegen Palästina in unserer jungen Welt zu erfahren. Empfehlenswert ist zum Beispiel ein Interview mit dem Verlagsleiter oder dem Chefredakteur der Zeitung der KKE Rizospastis (Ριζοσπάστης, »Die Radikale«), Kyrillos Papastavrou bzw. Stefanos Loukas, aber auch dem internationalen Sekretär der KKE. Wir denken, dass deren Blickwinkel wirklich interessant für die Leser unserer Zeitung ist und das Verständnis für die Position der KKE in diesen Fragen auf jeden Fall nachvollziehbarer gestaltet. Überhaupt ist es unserer Sicht in diesem Sinne naheliegend und soll als Anregung für die Redaktion verstanden werden, wenn unsere junge Welt in einer Rubrik wie etwa »Bei Freunden gelesen« regelmäßig interessante Artikel und Kommentare zu aktuellen Themen aus anderen kommunistischen, sozialistischen, marxistischen Zeitungen Europas und weltweit druckt. Das wäre sehr informativ, lehrreich und erhöht weiter den Nutzwert unserer jungen Welt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (27. Juli 2024 um 22:38 Uhr)
    Wenn man die NATO zum Subjekt in einem Wettlauf macht - und diesen Eindruck habe ich aus diesen Gesprächsäußerungen gewonnen - läuft man Gefahr, dass man in vollem Lauf unten am Acker ankommt und einem dem NATO seine Frau entgegenruft: »Ich bin schon hier!« Die NATO praktiziert genau die Hase-und-Igel-Strategie: Sie lässt laufen, bis die Luft ausgeht. Zumindest versucht sie es. Das schlimmste, was ihr passieren könnte, wäre der Bündnisfall. Deshalb wird alles getan, die inneren Widersprüche unter den Teppich zu kehren und eine Koalition von Willigen zu bilden. Auf deren Kosten und Territorium soll dann auch die Entscheidung stattfinden. Gerade aus Griechenland hätte ich eine differenziertere Äußerung zu »Tyrannis/Tyrannos« erwartet. Welcher Mann, Frau oder Diverse ist denn »gut«, wenn es Putin nicht ist und Saddam Hussein und Ghaddafi nicht waren? Okay, Biden ist dabei, sich zum Guten zu wandeln. Für eine Liste der Fünfhundert, ohne die die Welt eine bessere wäre, sind zweitausend Zeichen zu wenig, deshalb lass’ ich es und den Amis muss nicht alles nachmachen.

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