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Aus: Ausgabe vom 01.08.2024, Seite 4 / Inland
Klassenkampf von oben

Rufe nach mehr Armut für Geflüchtete

Arbeitskraft von Asylsuchenden: Union und FDP fordern noch geringere staatliche Leistungen
Von Marc Bebenroth
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Für menschenunwürdig bezahlte Drecksarbeit sind Schutzsuchende den neoliberalen Parteien noch gut genug

Auch der sonnige Sommer hält die CSU nicht davon ab, gegen unerwünschte Personengruppen zu hetzen. »Es muss ein neues soziales Leistungssystem für Asylbewerber geben, das unterhalb des Bürgergeldes anzusiedeln ist«, sagte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, am Mittwoch gegenüber Bild. Dobrindt befand außerdem »stärkere Mitwirkungspflichten, wenn es um die Arbeitsaufnahme geht«, für nötig.

Asylsuchende beziehen bis zur Bewilligung ihres Antrags Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das sieht bereits niedrigere Summen als das Bürgergeld vor, was Hilfsorganisationen seit Jahren als Form rassistischer Diskriminierung anprangern. Einen Rechtsanspruch auf Bürgergeld haben Geflüchtete erst, wenn sie als solche vom Staat anerkannt sind. Aber auch diese Minderheit soll per Existenzangst zur Ausbeutung durch Unternehmen genötigt werden. »Wer zumutbare Arbeit verweigert, der muss mit Leistungskürzungen rechnen«, sagte der CSU-Politiker gegenüber Bild.

Dessen Kollege Alexander Throm (CDU) will, dass auch die Kommunen auf billigste Arbeitskräfte zurückgreifen können. Gegenüber dem Boulevardblatt schlug der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion einen »verpflichtenden gemeinnützigen Dienst« für Geflüchtete vor. Von einer entsprechenden Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz machten zuletzt vor allem CDU-Landräte in Sachsen-Anhalt und Thüringen Gebrauch. Throm brachte das Prinzip auf die Formel: »Morgens Sprache lernen, nachmittags den Park pflegen. Jeder muss seinen Beitrag leisten.«

Zu betonen, dass »die Quote der anerkannt Schutzberechtigten unter den Bürgergeld-Beziehern immer weiter steigt«, kann als Throms Beitrag zur Spaltung der Arbeiterklasse gewertet werden. Es seien mittlerweile circa 50 Prozent. »Diese Sozialleistung kommt also immer weniger unseren Bürgern zugute und immer mehr den Zugewanderten, insbesondere den Flüchtlingen«, erklärte der CDU-Abgeordnete.

Eine Möglichkeit brachte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, ins Spiel. Gegenüber der Rheinischen Post regte er an, Bürgergeld-beziehende Erwerbstätige, Erwerbslose mit Erkrankungen und erwerbsfähige Zugewanderte unterschiedlich zu behandeln. »Zumutbarkeitskriterien für letztere müssen hinten anstehen, wenn die Kosten und die gesellschaftliche Stimmung kippen«, erklärte Kober. Für letzteres bemühen sich seine Partei und die Union offenbar nach Kräften.

Die Bündnisgrünen wollen sich dagegen gegenüber den »97 Prozent der Menschen im Bürgergeld, die arbeiten wollen« gütlich zeigen und »Anreize weiter verbessern«, wie Fraktionsvize Andreas Audretsch der Rheinischen Post (Mittwochausgabe) sagte. »Wer mehr arbeitet, soll mehr behalten können«, versprach Audretsch »aufstockenden« Beschäftigten. Mit Blick auf diese »über acht Millionen« erinnerte Dennis Radtke, Chef des sogenannten Arbeitnehmerflügels der Union, am Mittwoch im RBB daran, dass Betroffene »keinen Euro mehr« haben, nur weil »ein Totalverweigerer in Zukunft nichts mehr bekommt«.

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