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Aus: Ausgabe vom 01.08.2024, Seite 5 / Inland
Galeria

Mit alten Rezepten

Warenhauskette Galeria nach Insolvenzverfahren: Beschäftigte sollen wieder auf Lohn verzichten
Von Gudrun Giese
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Galerias neuer Kurs als Kontinuität des alten: »Reines Kostensenkungsprogramm« alias »weiterhin auf niedrige Löhne setzen«

Eigenlob stinkt bekanntermaßen. Es dürfte daher beim Warenhausunternehmen Galeria zur Zeit nicht gut riechen. Kaum ist am 1. August das Insolvenzverfahren überstanden, fabuliert die Unternehmensleitung von Neustart und erfolgreicher Sanierung. Dabei besteht diese vor allem in Schließungen weiterer Filialen, Personalabbau und vielfältigen Schuldenerlassen durch Gläubiger, Kommunen und die Belegschaft. Sie alle haben im dritten Insolvenzverfahren innerhalb von dreieinhalb Jahren, das die Vorbesitzerin Signa-Holding der Warenhauskette mit andauerndem Missmanagement eingebrockt hatte, auf eine Menge Geld verzichtet.

Die bisherigen Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK)-Warenhäuser gehören ab diesem Mittwoch einem Eigentümerkonsortium aus »Family Office« des Investors Bernd Beetz und NRDC Equity Partners um den US-amerikanischen Unternehmer Richard Baker. Das Amtsgericht Essen hat den vom Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus präsentierten Insolvenzplan akzeptiert und hob nun nach dessen siebenmonatiger Umsetzung das Insolvenzverfahren auf. Die neuen Eigentümer starten damit unbelastet mit bundesweit nur noch 83 Warenhäusern und rund 12.000 Beschäftigten. Die Verwaltung, bisher in Essen angesiedelt, soll als »Service Center« im kommenden Jahr verkleinert nach Düsseldorf übersiedeln.

Insolvenzverwalter Denkhaus fand zur Übertragung an die nächsten Eigentümer nur lobende Worte: Es sei gelungen, die Kostenstruktur in weiten Teilen auf ein angemessenes Niveau zu reduzieren. Galeria habe eine gute ökonomische Ausgangslage und starte mit einer Liquidität im neunstelligen Bereich. Beetz versprach auch im Namen von NRDC Equity Partners eine neue Unternehmenskultur. Ziel sei es, die Filialen attraktiver zu gestalten, Leistung stärker zu belohnen und die Zufriedenheit der Kunden zu steigern. Olivier Van den Bossche, der als oberster Manager von Signa zu den neuen Eigentümern wechselte, erklärte, Galeria werde sich »mit starken Sortimenten (…) auf seine Kernkompetenz als Warenhaus konzentrieren«. Die lokale Ausrichtung werde ausgebaut, um auf die Bedürfnisse der Kunden vor Ort einzugehen. Eine Modernisierung der Filialen werde angepeilt.

Als »Elefant im Raum« stand eine Idee, die die Galeria-Leitung offenkundig nicht so gerne öffentlich kommunizieren möchte: die dauerhafte Senkung der Entgelte. Am 17. Juli hatte die Geschäftsleitung Vertretern der Verdi-Bundestarifkommission einen Tarifvertrag »Warenhaus« vorgeschlagen, den die Gewerkschafter als skandalös und verantwortungslos zurückwiesen. Denn mit diesem Papier würde sich der schon bestehende Lohnabstand zu den Flächentarifverträgen im Einzelhandel weiter vergrößern. Die Niedriglöhne würden dauerhaft zementiert. Verdi verweigere sich nicht echten Verhandlungen, hieß es aus den Reihen der Tarifkommission, werde aber kein Tarifdiktat der anderen Seite hinnehmen.

»Statt ein tragfähiges Zukunftskonzept zu entwickeln, verspielt die Galeria-Geschäftsführung die Chance, mit gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften gemeinsam neue Ideen für die Warenhäuser zu entwickeln«, erklärte Silke Zimmer, Verdi-Bundesvorstandsmitglied für den Handel. Die Beschäftigten lebten bereits in einer finanziell angespannten Situation. Einen Billigabschluss, wie er dem Management vorschwebe, könnten sie sich daher gar nicht leisten.

Als »ein reines Kostensenkungsprogramm zu Lasten der Beschäftigten«, bezeichnete Marcel Schäuble, Verdi-Verhandlungsführer bei GKK, den sogenannten Warenhaustarifvertrag, denn mit den minimalen Lohnerhöhungen, die das Management vorsehe, würde sich der durchschnittliche Entgeltabstand bald auf 9.000 Euro jährlich im Vergleich zum Flächentarifvertrag belaufen. Die Galeria-Beschäftigten hätten dann nicht nur deutlich weniger Geld als andere Mitarbeiter im Einzelhandel, sie würden auch von den Manteltarifverträgen der Branche abgekoppelt, in denen unter anderem die Wochenarbeitszeit, die Verteilung der Arbeitszeit und Zuschläge geregelt sind. Damit könnten sich auch die Arbeitsbedingungen verschlechtern.

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