75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Montag, 9. September 2024, Nr. 210
Die junge Welt wird von 2927 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 01.08.2024, Seite 7 / Ausland
Venezuela

Kampagne gegen Maduro

Nach Präsidentschaftswahl in Venezuela: Unterlegene Opposition sucht Unterstützung im Ausland und hetzt Anhänger zu Angriffen auf
Von Volker Hermsdorf
7.JPG
Nicht nur Gegner Präsident Maduros gehen nach der für diesen siegreichen Wahl auf die Straße (Caracas, 30.7.2024)

Nach den Wahlen vom Sonntag wird der Kampf um die Macht in Venezuela auf den Straßen fortgesetzt. Szenen erinnern an frühere »Guarimbas« und an Aktionen der Anhänger von Donald Trump und von Brasiliens Expräsidenten Jair Bolsonaro nach deren Wahlniederlagen. Angeheizt durch Betrugsvorwürfe der rechten Opposition ziehen deren Anhänger seit Montag brandschatzend durchs Land, stürmen Regierungsgebäude und stießen Statuen des 2013 verstorbenen linken Präsidenten Hugo Chávez um. Befeuert wird der Konflikt durch Kommentare ausländischer Politiker, westlicher Medien und jede Menge Fake News im Internet. Der vom Nationalen Wahlrat (CNE) zum abermaligen Sieger erklärte Präsident Nicolás Maduro rief die Bevölkerung zur Unterstützung beim »Kampf gegen Faschisten und Putschisten« auf.

Die Bilder suggerieren bürgerkriegsähnliche Zustände: Brennende Barrikaden, maskierte, teils mit Gewehren bewaffnete Demonstranten, die Molotowcocktails schleudern und Polizisten, die mit Tränengasgranaten reagieren. Telesur berichtete über »Dutzende Verletzte« und eine »Lähmung des öffentlichen Lebens«. Der Sender meldete am Dienstag Brandanschläge auf Büros des CNE, Angriffe auf den Schienenverkehr in drei Bundesstaaten, auf Polizeistationen und ein Krankenhaus. Dabei seien ein Soldat der bolivarischen Streitkräfte getötet, sowie 48 Angehörige der Polizei und des Militärs verletzt worden. Westliche Medien berichteten von sechs getöteten Demonstranten. Sie beriefen sich auf Angaben der von Alfredo Romero geleiteten NGO »Foro Penal Venezolano«, unterschlugen aber, dass Romero sich seit 2014 selbst an der Seite von Oppositionsführerin Maria Corina Machado an Demonstrationen gegen Maduro beteiligt. Laut Generalstaatsanwalt Tarek William Saab wurden bis Dienstag 749 Personen wegen »Aufstachelung zum Hass, Vandalismus und Terrorismus« festgenommen. Unterdessen verbreiten Trollarmeen im Internet Fotos und Videos über angebliche Massenproteste, die zum Teil acht Jahre alt sind oder aus anderen Ländern stammen. Ungeachtet der Fake-News-Kampagne bezeichnete der UN-Kommissar für Menschenrechte, Volker Türk, Berichte über »unangemessene Anwendung von Gewalt durch Sicherheitskräfte« als »alarmierend«. Machado versucht trotzdem, weiter zu eskalieren. »Das einzige, über das wir verhandeln, ist eine friedliche Machtübergabe«, erklärte sie.

Den Putschisten spielt dabei in die Hände, dass der CNE die Einzelergebnisse aus den Wahllokalen auch bis Dienstag noch nicht veröffentlicht hatte. Damit könnten Zweifel ausgeräumt und westliche Unterstützer der Rechten widerlegt werden. Denn während mehr als 1.000 internationale Beobachter den korrekten Ablauf der Wahlen bestätigten, etliche Regierungen, die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und das lateinamerikanische Staatenbündnis ALBA-TCP Maduros Sieg anerkennen, unterstützen die USA, die EU sowie rechte lateinamerikanische Staats- und Regierungschefs die Kampagne der Opposition. Das peruanische Putschistenregime erklärte deren Kandidaten Edmundo González sogar zum »gewählten Präsidenten Venezuelas«, worauf Caracas die diplomatischen Beziehungen zu Lima abbrach. Schwerer als die Aktion des durch keine Wahl legitimierten Regimes in Peru wiegen Vorwürfe des Carter Centers, das sich früher oft positiv über Wahlen in Venezuela geäußert hatte. In einer Erklärung bescheinigte das Center dem CNE nun einen »Mangel an Transparenz bei der Bekanntgabe der Ergebnisse«. Auch Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva forderte Caracas nach einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Joseph Biden zur Offenlegung auf. Kolumbien und Mexiko knüpfen ihre Beurteilung ebenfalls daran. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador kritisierte indes, dass die von Washington dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Opposition bereits zum Sieger erklärt hatte. »Mit welcher Begründung behauptet die OAS, der andere Kandidat habe gewonnen? Wo sind die Beweise? Das ist Einmischung, deshalb hat die OAS keine Glaubwürdigkeit«, sagte López Obrador auf seiner morgendlichen Pressekonferenz am Dienstag.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • »Kriegerinnen«: Konzert im Rahmen der Protestwelle 2021 in der k...
    20.07.2022

    Wahlen und Waffen

    Eine Frage der Strategie: Lateinamerikas Linke zwischen Guerillakampf und Parlamentarismus
  • Militär und Polizei gehen in Sacabo gegen eine Demo von Kokabaue...
    23.10.2021

    Druck auf rechte OAS

    Bolivien legt neuen Bericht zu Präsidentschaftswahlen und Putsch 2019 vor
  • Kolumbianische Soldaten am 9. Februar an der Grenze zu Venezuela
    15.02.2018

    Provokationen gegen Caracas

    Kolumbien schickt Tausende Soldaten an die Grenze zu Venezuela. »Lima-Gruppe« fordert Absage der Wahlen

Mehr aus: Ausland