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Aus: Ausgabe vom 01.08.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Gefahren verschwiegen

Zu jW vom 26.7.: »Früh übt sich«

Bei der Berichterstattung über die steigende Zahl minderjähriger Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr – über 20.000 seit der sogenannten Aussetzung der Wehrpflicht 2011 – wird die einseitige und verführerische Bundeswehr-Werbung leider sehr selten erwähnt; diese stellt das Militär als attraktiven und »normalen« Arbeitgeber dar, hebt den Abenteuer- und Spaßcharakter des Soldatendienstes durch große Versprechungen und »schöne« Bilder hervor, verschweigt allerdings Gefahren (Angst-, Belastungsstörungen, Depressionen) und blendet die entscheidenden Themen Tod und Töten aus. Auch für diese Werbung wird Deutschland vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes seit Jahren massiv gerügt, zuletzt noch im September 2022. Äußerst problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Weitergabe von Daten Minderjähriger an die Bundeswehr durch die Einwohnermeldeämter. Diese Daten werden zur Bundeswehr-Werbung genutzt. Jeder Jugendliche erhält nach seinem 17. Geburtstag unaufgefordert die sogenannte Infopost der Bundeswehr. Hier bedarf es dringend einer Änderung des Soldatengesetzes und des Bundesmeldegesetzes! Wie in vielen Staaten weltweit gängige Praxis, muss endlich auch Deutschland den 18-Jahre-Standard bei der Rekrutierung für die Armee einhalten und die gezielt an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für die Bundeswehr beenden. Es ist an der Zeit, dass die im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vorhandene Aussage »Ausbildung und Dienst an der Waffe bleiben volljährigen Soldatinnen und Soldaten vorbehalten« nun endlich auch tatsächlich umgesetzt und damit wirksam wird!

Armin Lauven, Bonn

Tolle Theorie

Zu jW vom 22.7.: »Geld für Hamburgs Turmbau«

Und da sagt die vielbeschworene neoliberale Wirtschaftstheorie doch glatt, der Staat möge sich aus der Wirtschaft heraushalten, weil er davon nichts verstünde. Das gilt aber offensichtlich nur bis zu dem Tag, an dem das allwissende Kapital die Karre mal wieder endgültig in den Dreck gefahren hat. Sie dort wieder herauszuholen, ist dann natürlich eine grundsoziale Angelegenheit der Allgemeinheit. Ist sie nicht toll, diese neoliberale Theorie? Jeder nimmt sich, was er nehmen kann. Der Große das gesamte Geld und der Kleine, was übrig bleibt: die Schulden. So sieht wahre soziale Gerechtigkeit aus!

Joachim Seider, Berlin

Das Risiko ist das System

Zu jW vom 20./21.7.: »Ärger im Rechnernetz«

Nein, es waren weder die »Huthis« noch die IT-Experten aus Russland, nein, ein simpler, relativ kleiner Programmfehler eines Programmierers führte zum Desaster. Weltweit brachte das Update einer Software zum Schutz der IT-Infrastruktur große Teile der IT-Systeme zum Absturz. Flughäfen, Banken, Krankenhäuser, Fernsehprogramme, Supermärkte, Buchungssysteme, Rohstoffmärkte, Stadtverwaltungen. Betroffen waren Millionen von Windows-Rechnern, die nicht mehr automatisch gestartet werden konnten und nun nach und nach manuell wieder zum Leben erweckt werden müssen, bevor dann die fehlerhafte Software ausgetauscht werden kann. »Angriffe stoppen, den Geschäftsprozess absichern« – diese Werbung der Softwareherstellerfirma Crowdstrike wurde ins Gegenteil verkehrt: Stoppt den Geschäftsverkehr, dann habt ihr Sicherheit vor Angriffen. Es mag Zufall sein: Die Software, die hier eine riesige Menge (»Crowd«) Computer zum Streiken brachte, heißt »Falcon«. Die Rakete gleichen Namens von Elon Musks Weltraumfirma Space X hat derzeit Startverbot wegen Sicherheitsmängeln. Boeings 737 Max bleibt wegen Sicherheitsmängeln am Boden, und der »Starliner« von Boeing hängt mindestens bis Ende Juli an der ISS fest, nachdem erst ein Heliumleck den Start im Mai verzögert hatte. Beim Andocken an die ISS fielen dann fünf von 28 Triebwerken zur Navigation aus, die bislang nicht zufriedenstellend repariert werden konnten.

Eike Seidel, per E-Mail

Schutz ist Illusion

Zu jW vom 20./21.7.: »Ziel Tel Aviv«

Es sollte uns allen klar sein angesichts der Angriffe gegen Israel in den vergangenen Monaten seitens alles andere als großer Hightechnationen: Es gibt gegen moderne Waffen, sogar solche der eher primitiven Art, keinen perfekten Schutzschirm. Sowohl Staaten als auch die moderne Kriegsguerilla kämpfen mit Drohnen. Damit kann David Goliath treffen. Empfindlich treffen. By the way: Irgendwie erinnern diese in aller Welt verbreiteten Drohnen an den Strick, den der Kapitalist aus Profitgründen verkauft, ahnend, dass er an selbigem möglicherweise eines Tages aufgeknüpft wird. Israels »Iron Dome« gilt als das Modernste … und schützt ein flächenmäßig kleines Land. Besser: Dieser Schutz ist eine Illusion. Wie jede Art von »Schutz« im Fall eines modernen Krieges. Was die hiesige Politik gerade heraufbeschwört, das hat eine ganz andere Dimension. Das scheint viel zu vielen Menschen leider noch nicht klar zu sein. Niemand wird von »Patriots« oder »Eisernen Domen« dauerhaft geschützt werden. Weder hier noch in der Ukraine. Auch nicht in Russland oder in den USA.

Stephan Krüger, Neumarkt in der Oberpfalz

Keine Ausnahme

Zu jW vom 27./28.7.: »Der Scharlatan«

Ein wenig scheint mir der Artikel den Eindruck vermitteln zu wollen, es handele sich bei J. D. Vance um ein negatives Ausnahmeexemplar unter den US-amerikanischen Politikern, was die Summe seiner Verfehlungen betrifft, um einen besonders schlimmen und sogar heimtückischen Fall. Dem kann man wohl gut begründet widersprechen, er ist diesbezüglich kein Ausnahmeexemplar, sondern eher der Regelfall, sowohl bei Republikanern als auch bei Demokraten. Reiht sich also gut ein in die US-amerikanische Politikerriege.

Peter Schmidt, Berlin

Befürchtungen

Zu jW vom 27./28.7.: »Assad unter Freunden in Moskau«

Zu befürchten ist, dass diese »Freunde« die Errungenschaften in Rojava in Frage stellen werden. Türkische Truppen mit ihren verbündeten islamistischen Kampfverbänden bedrohen die Existenz dieser fortschrittlichen Region, wo Frauen eine wichtige Rolle spielen. Die Vernichtung Rojavas hätte auch Konsequenzen für die Jesidinnen und Jesiden im Irak. Leider erlauben die Lakaien im Irak – und der korrupte kurdische Barzanî-Clan – weiterhin, dass die türkischen und US-amerikanischen Besetzer dort straffrei walten.

Martin Mandl, Hartberg

Jeder nimmt sich, was er nehmen kann. Der Große das gesamte Geld und der Kleine, was übrig bleibt: die Schulden.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!