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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Konfliktherd Naher Osten

Washington mobilisiert gegen Iran

Während der große Krieg zwischen Mittelmeer und Golf droht, geht das Massaker in Gaza weiter
Von Karin Leukefeld
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Woher kam die tödliche Rakete, die in Madschdal Schams einschlug? Das wurde bisher nicht hinreichend untersucht (29.7.2024)

Die aktuelle Drohung mit einem großen Krieg im Nahen Osten begann mit der Explosion auf einem Fußballplatz in Madschdal Schams auf den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen. Es war der 27. Juli, zwölf Kinder und Jugendliche starben, israelische Medien machten sofort die libanesische Hisbollah verantwortlich. Die Hisbollah dementierte, für den Vorfall verantwortlich zu sein. Gegenüber der UN-Beobachtermission im Libanon (UNIFIL) erklärte ein Vertreter der Hisbollah, der Einschlag sei vermutlich auf eine israelische Abfangrakete zurückzuführen. Die Familien der getöteten Kinder wiesen die Beileidsbekundungen der israelischen Regierung zurück und lehnten eine Teilnahme israelischer Politiker an der Beerdigung ab. Madschdal Schams, wo syrische Drusen und Christen leben, war 1967 von Israel besetzt und 1981 annektiert worden. Dieser Völkerrechtsbruch wird von den dortigen Bewohnern bis heute nicht akzeptiert.

Die USA übernahmen die israelische Darstellung, dass die Hisbollah verantwortlich sei, ebenso wie die großen westlichen Nachrichtenagenturen. Israel drohte, das Sicherheitskabinett ermächtigte Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Gallant, »geeignete Ziele« im Libanon zur Vergeltung anzugreifen. Eine Untersuchung fand nicht statt.

Am Abend des 29. Juli trafen drei Raketen ein achtstöckiges Wohnhaus im Süden von Beirut. Der Angriff brachte das Wohnhaus zum Einsturz, es begrub 80 Menschen unter den Trümmern. Sieben Tote wurden geborgen, darunter zwei Frauen und drei Kinder. Der Leichnam von Fuad Schukr, einem hochrangigen Hisbollah-Kommandeur, wurde erst am nächsten Tag aus den Trümmern geborgen. Die Hisbollah bestätigte den Tod des Militärs.

Nur wenig später, in den frühen Morgenstunden des 31. Juli, wurden der Vorsitzende des Politbüros der Hamas, Ismail Hanija, und sein Begleiter in ihrer Unterkunft im Norden von Teheran getötet. Hanija hatte an der Amtseinführung des iranischen Präsidenten Massud Peseschkian teilgenommen. Er führte die Verhandlungen mit Israel über einen Waffenstillstand in Gaza. Netanjahus Büro ordnete an, dass kein Regierungsmitglied, kein Minister sich zu dem Mord an Hanija äußern dürfe.

Am gleichen Tag tötete die israelische Armee in Gaza Dutzende Menschen bei Angriffen auf Schulen und zivile Unterkünfte. Zwei Journalisten des Fernsehsenders Al-Dschasira wurden gezielt in ihrem Fahrzeug getötet. Die Zahl der Todesopfer unter Journalisten seit dem 7. Oktober stieg damit auf 165. Am gleichen Tag wurden auch Militärbasen der irakischen Volksverteidigungskräfte (Haschd Al-Schabi) südlich von Bagdad bombardiert.

Sowohl Teheran als auch die Hisbollah kündigten Israel Vergeltung für die Morde an. Teheran macht für den Mord an Hanija auch die USA verantwortlich, die Israel vorbehaltlos unterstützten. Die USA, Großbritannien und Frankreich verhinderten eine gemeinsame Verurteilung des Mordes an Ismail Hanija durch den Sicherheitsrat.

Statt dessen schicken die USA Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge, Waffen, Munition und den Oberkommandierenden des US-Zentralkommandos (Centcom) General Michael Erik Kurilla nach Tel Aviv. Die USA schmieden an einer »Anti-Iran-Koalition« und versuchen, regionale und NATO-Partner, auch Deutschland, zur Teilnahme an einer »Verteidigung Israels« zu bewegen. Die fernmündliche Mobilmachung durch US-Außenminister Antony Blinken bei Telefonaten mit Außenministern im US-Einflußbereich bezeichnet Washington als »unermüdliche Diplomatie, um einen Krieg zu vermeiden«.

Am Dienstag morgen wurde bekannt, dass eine große US-Militärbasis im Irak, Ain Al-Assad westlich von Bagdad (Anbar-Provinz), von zwei »Katjuscha«-Raketen getroffen wurde. Unterschiedlichen Meldungen zufolge sollen bis zu sieben US-Soldaten verletzt worden sein.

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