Gegen Waffenexporte an Israel
Von Thomas BergerInsgesamt fünf indische Linksparteien waren es, die am vergangenen Sonnabend zu einem Aktionstag in Solidarität mit den Palästinensern aufgerufen haben. Eine Reihe namhafter Persönlichkeiten veröffentlichte parallel einen offenen Brief an Verteidigungsminister Rajnath Singh. Darin forderten sie, indische Waffenlieferungen an Israel unverzüglich einzustellen, um nicht an der Katastrophe im Gazastreifen mitschuldig zu werden. Prominenteste Unterzeichnerin ist die Schriftstellerin und Sozialaktivistin Arundhati Roy. Ihr Name ist weltweit wegen ihres ersten Romans »Der Gott der kleinen Dinge« ein Begriff, für den sie seinerzeit mit dem Booker Prize geehrt wurde.
»Die indische Regierung ist Komplize in dem Genozid, den Israel in Gaza vornimmt«, sagte Roy auch in aller Deutlichkeit auf einer Pressekonferenz, die zwei Tage zuvor in der Hauptstadt Delhi zu diesem Thema stattfand. Neben ihr auf dem Podium saßen Brinda Karat, Politbüromitglied der Kommunistischen Partei Indiens/Marxistisch, der prominente Anwalt Prashant Bhushan, der belgisch-indische Entwicklungsökonom Jean Drèze und der Journalist Siddharth Varadarajan, einer der Gründer des kritischen Newsportals The Wire.
Bereits Ende Februar war von der Lieferung der ersten 20 »Hermes-900«-Drohnen aus indischer Produktion an Israel berichtet worden. Die unbemannten Flugkörper werden in Hyderabad hergestellt. Das dort ansässige Unternehmen ist ein Joint Venture zwischen der Rüstungssparte des Mischkonzerns Adani Defence and Aerospace und der israelischen Firma Elbit, die diese 2012 in Produktion gegangene Angriffs- und Aufklärungsdrohne drei Jahre zuvor entwickelt hatte. Diese ist eine Weiterentwicklung der kleineren »Hermes-450«, kann bis zu 9.000 Meter hoch fliegen und ist für eine Nutzlast bis zu 350 Kilogramm ausgerüstet. Wie nicht nur der indische Fernsehsender NDTV seinerzeit erinnerte, befindet sich die »Hermes-900« beim Gazakrieg seit Monaten großflächig im Einsatz, um militärische Ziele aufzuklären, aber auch selbst Angriffe zu fliegen. Die hochmoderne, Ende 2018 in Dienst gestellte Fabrik auf einem Hügel am Rande Hyderabads gilt wiederum als Meilenstein für die Modernisierung von Indiens Rüstungsindustrie, die auch im wachsenden und somit lukrativen internationalen Drohnengeschäft mitmischen will.
Mehr als 39.000 zivile Opfer, zum großen Teil Frauen und Kinder, hat Israels laufender Krieg im Gazastreifen inzwischen gefordert. 90 Prozent der etwa 2,4 Millionen Menschen in dem schmalen Küstengebiet gelten als vertrieben, teils mehrfach. Prekär ist die Lage auch durch die Zerstörung grundlegender Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen. »Israel hungert den Gazastreifen aus, und den Preis dafür zahlen die Kinder«, schrieb die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im Mai. Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) läuft das Verfahren zur im Januar von Südafrika eingereichten Völkermordklage. Auch den IGH-Entscheid zum Eilantrag ignorierte Israel bisher.
Die fünf Linksparteien unter Führung der Kommunistischen Partei/Marxistisch, aber auch die 25 Unterzeichner des Briefes an Rajnath Singh, darunter ehemalige Richter am Supreme Court, verweisen auf eine Diskrepanz: Es gehe nicht an, dass Indien zum Beispiel schon im Dezember im UN-Sicherheitsrat für eine Resolution gestimmt habe, die eine sofortige Waffenruhe in Gaza forderte, aber weiterhin Rüstungsgüter an Israel liefere. Arundhati Roy sieht laut einem Interview mit Middle East Eye die Gefahr, das ihr Heimatland so »für immer mit einem Genozid verbunden« sei.
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