»Liste Gaza« tritt an
Von Dieter Reinisch, WienAm 29. September wird in Österreich ein neues Parlament gewählt. Die »Liste Gaza: Stimmen gegen den Völkermord« hat in sieben von neun Bundesländern erfolgreich Wahlvorschläge eingebracht. Bundesweit treten die zwei Regierungsparteien – konservative ÖVP und Grüne – an, sowie die im Parlament vertretene Opposition, bestehend aus sozialdemokratischer SPÖ, rechter FPÖ und den liberalen NEOs. Ebenfalls treten an: die KPÖ und die Bierpartei des Künstlers Marco Pogo, denen beiden Chancen auf den Einzug eingeräumt werden, ebenso wie die Impfgegnerliste der ehemaligen Grünen Madeleine Petrovic und die Liste »Keine«, hinter der die linke Protestpartei Wandel steht.
Die »Liste Gaza« ist ein Zusammenschluss mehrerer Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen aus dem Umfeld der Palästina-Solidarität in Österreich. In den einzelnen Bundesländern wurden mehr als 3.000 Unterstützungserklärungen bei den zuständigen Landesbehörden eingereicht. Damit steht die Liste in sieben Bundesländern zur Wahl. Besonders rasch ging das Einsammeln in der Bundeshauptstadt Wien und im westlichsten Bundesland Vorarlberg, in dem es viele Muslime gibt.
Selbst für viele Aktivisten war dies überraschend: »Mit der ›Liste Gaza‹ haben wir bereits unglaublich viele Menschen erreicht«, meint eine der Spitzenkandidatinnen, Irina Vana, im Gespräch mit jW. Zwar soll der Wahlkampf dazu dienen, auf den Völkermord aufmerksam zu machen, doch richten sich zentrale Forderungen direkt an die österreichische Politik: »Das Eintreten für einen sofortigen Waffenstillstand, für Menschenrechte, demokratische Rechte und Meinungsfreiheit sowie für Neutralität«, erklärt Vana. Damit möchte sie, »denjenigen eine Stimme geben, die sich von den etablierten Parteien und deren mehrheitlicher Unterstützung des Völkermordes in Palästina nicht vertreten fühlen«, hofft sie.
Ähnlich sieht es die Kandidatin Astrid Wagner, eine bekannte Anwältin aus Wien: »Neutralität, Menschenrechte und Freiheit sind relevant für alle Menschen«, betont sie gegenüber jW. Gaza sei ein Symbol für »die weltweite Bewegung für Freiheit«. Und weiter: »Gaza ist Symbol für den fehlgeleiteten moralischen Kompass des Westens«, so Wagner. Im Wahlkampf will sie auch den Bezug des Kriegs zu Österreich aufzeigen, denn Israel schraube durch die gezielten Tötungen die Gewaltspirale hoch. »Was in Beirut und Teheran passierte, sind Morde, die noch mehr Krieg bringen. Das kann bis zum Atomkrieg führen«, glaubt Wagner.
Auch eine andere Hürde hat die Palästina-Bewegung in Österreich gemeistert: Das Wiener Verwaltungsgericht gab vergangenen Mittwoch der Beschwerde des »Arabischen Palästina-Clubs« (APC) gegen die Untersagung einer Kundgebung am 12. Dezember 2023 statt. Grund für die Untersagung der Kundgebung war die Parole »Vom Jordan zum Mittelmeer: keinen Zionismus mehr«. Am 30. November 2023 war bereits eine Kundgebung des APC unter »Stand with Gaza« aufgelöst worden, nachdem die Organisatoren der Aufforderung der Polizei, den Slogan zu unterlassen, nicht gefolgt waren.
Die Polizei behauptete, die Parole sei eine Abwandlung des ebenfalls untersagten »From the river to the sea – Palestine will be free«. Der APC hingegen argumentierte, dieser sei »eine Präzisierung der Forderung, ein für die Araber in Palästina nachteiliges, auf dieser Ideologie basierendes Regime zu beenden«. Der Verwaltungsgerichtshof urteilte nun, dass die Untersagung rechtswidrig war: »Das ist ein kleiner Erfolg im Kampfe gegen Zionismus und Polizeiwillkür«, zeigte sich Mohammed Aborous vom APC gegenüber jW erfreut.
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