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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Spaltung der Arbeiterklasse

Grenzregime für »Black jobs«?

Donald Trump versucht, mit migrationsfeindlicher Agenda bei schwarzen Werktätigen zu punkten. Diese werden weiterhin stark benachteiligt
Von Gerrit Hoekman
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Auch nicht ihr Präsident (Illinois, 31.7.2024)

Simone Biles kommentierte ihren Olympiatriumph süffisant. »I love my Black Job!« twitterte die US-Turnerin, nachdem sie sich im Mehrkampf die Goldmedaille erkämpft hatte. Die Nachricht machte seit Freitag die Runde und spielte auf eine Äußerung von US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump an, die in den USA bereits seit Ende Juli für Empörung sorgt.

»Ich sage euch, dass von der Grenze Millionen und Abermillionen von Menschen kommen, die zufällig schwarze Arbeitsplätze («Black jobs») wegnehmen«, hatte Trump in Chicago auf einer Podiumsdiskussion der National Association of Black Journalists (NABJ), der Vereinigung schwarzer Journalisten in den USA, erklärt. Er sei »der beste Präsident für die schwarze Bevölkerung seit Abraham Lincoln« gewesen, fügte der Republikaner Mittwoch vergangener Woche dann hinzu. Zur Erinnerung: In Lincolns Amtszeit wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft.

Was denn genau ein schwarzer Arbeitsplatz, also ein »Black job« sei, hatte ihn die Journalistin Rachel Scott von ABC News gefragt. Konkrete Beispiele konnte oder wollte Trump nicht nennen: Ein »Black job« sei »jeder, der einen Job hat, darum geht es – jeder, der einen Job hat«, stotterte Trump. »Sie nehmen den Schwarzen die Arbeitsplätze weg. Sie kommen und erobern das Land«. So unklar Donald Trump auf Nachfrage blieb, so ist doch naheliegend, welche Erwerbsarbeit der Milliardär stereotyp als »schwarz« klassifiziert: schlecht bezahlte Jobs.

»Trumps Behauptung, dass ein ›schwarzer Job‹ einfach jeder Job sei, ignoriert die Komplexität und die spezifischen Herausforderungen, mit denen schwarze Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind«, urteilte die Black Wall Street Times am 31. Juli. Trumps Vereinfachung verharmlose die wirklichen wirtschaftlichen und sozialen Probleme, mit denen schwarze Amerikaner konfrontiert sind. Wichtige Faktoren seien »höhere Arbeitslosenquoten und Diskriminierung am Arbeitsplatz«.

Es gibt sie, die Jobs, in denen überproportional viele Afroamerikaner arbeiten. Laut dem Amt für Arbeitsstatistik (Bureau for Labor Statistics, BLS) machen sie nur 12,8 Prozent aller Erwerbstätigen in den USA aus. Gleichzeitig aber stellen Afroamerikaner die Hälfte der Beschäftigten bei der Post, 38,1 Prozent der Krankenpflegehelferinnen und -helfer sowie 36,1 Prozent des Sicherheitspersonals. Noch größer ist der Anteil hispanischer Beschäftigter in manchen Berufen. 74,3 Prozent im Trockenbau, 63,1 Prozent bei Dachdeckern und 61,1 Prozent bei den Teppichlegern. Sie machen aber nur 18,8 Prozent aller amerikanischen Erwerbstätigen aus.

Spätestens hier wird Trumps Hetze offensichtlich, die nicht nur auf eine tiefere Spaltung der Arbeiterklasse abzielt, sondern die schwarze Bevölkerung zusätzlich gegen Migranten aufbringen soll. »Trumps Taktik lenkt die Aufmerksamkeit von der umfassenderen Wirtschaftspolitik und struktureller Ungleichheit ab, die die Beschäftigungsmöglichkeiten für Schwarze beeinträchtigen«, kritisierte die Black Wall Street Times. »In der Vergangenheit waren schwarze Amerikaner mit erheblichen Hindernissen bei der Arbeitssuche konfrontiert, darunter Segregation, Diskriminierung und fehlender Zugang zu hochwertiger Bildung.«

Im letzten Jahr war der Anteil schwarzer und hispanischer Werktätiger im Alter zwischen 25 und 54 Jahren auf einem historischen Höchststand. Nach über 40 Jahren stagnierender Reallöhne (!) erlebten die Einkommen dieser Bevölkerungsgruppe erstmals ein spürbares Wachstum. Der Lohnunterschied zwischen schwarzen und weißen Beschäftigten ist zwar rückläufig, doch die Erwerbslosigkeit ist unter Schwarzen (auf historischem Tiefststand) mit 6,3 Prozent noch immer fast doppelt so hoch wie unter Weißen (3,8 Prozent). Auch mit einer Verringerung des Unterschieds sei er noch lange nicht verschwunden, erklärte etwa eine Mitarbeiterin der Jobvermittlungsplattform Zip-Recruiter gegenüber CNN.

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