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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Autonomes Fahren

Auf Protektionskurs

US-Regierung will chinesische Software für Robotaxis verbieten. Konkurrent Tesla hat Probleme
Von Felix Bartels
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In China gibt es sie schon: Robotaxis

Protektionismus. Wie das klingt. Es bedeutet Schutz, meint aber Begünstigung. Klemmt bei einem Konzern am vorgeblich freien Markt die Säge, springt der Staat ihm gelegentlich bei. Mal schamlos, mal verschämt. Wie Reuters am Sonntag berichtete, arbeitet die US-Regierung derzeit an einem Verbot von aus China stammender Software für selbstfahrende Autos. Das Handelsministerium wolle in den kommenden Wochen einen entsprechenden Vorschlag machen. Die Verwendung chinesischer Software ab der Automatisierungsstufe drei wäre dann innerhalb der USA ebenso untersagt wie die Erprobung sogenannter autonomer Fahrzeuge aus China auf den Straßen der USA.

Der Hinweis auf die dritte Stufe ist entscheidend, sie markiert den eigentlichen Übergang zum automatisierten Fahren. Unter Stufe eins fallen Hilfsmittel wie Tempomat und Abstandskontrolle. Unter Stufe zwei Tools, die bereits aktiv eingreifen, etwa Spurassistent oder automatische Notbremse. Gleichwohl muss der Fahrer konstant die Kontrolle behalten. Ab Stufe drei geht es um Systeme, die ihm zeitweilig gestatten, die Hand vom Lenker zu nehmen und seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden, Daddeln am Handy zum Beispiel. Hier haftet er nicht mehr allein für Fahrfehler.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass das Verbot chinesischer Software eher der Kategorie »verschämt« zuzurechnen wäre. Von wirtschaftlichen Interessen schweigt das Handelsministerium, ein Sprecher der Behörde gab laut Reuters am Sonntag an, es gehe um »nationale Sicherheitsrisiken«, die mit vernetzten Technologien in vernetzten Fahrzeugen verbunden seien.

Was immer das bedeutet – die veritable Sicherheit auf den Straßen offenkundig nicht. In China nämlich scheint man besser aufgestellt als zum Beispiel beim US-Unternehmen Tesla, das ebenfalls an autonom fahrenden Autos arbeitet. Mit zahlreichen Pannen und Unfällen bislang. Sowie nachweislich zwei Todesfällen. Die Sicherheitsbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) ermittelt seit August 2021 gegen Tesla. Im Dezember 2023 war das Unternehmen nach zahlreichen Vorfällen gezwungen, fast alle seiner ausgelieferten Fahrzeuge zurückzurufen. Die für die kommenden Tage geplante Vorstellung seines ersten Robotaxis wurde in den Oktober verschoben. Er habe »noch einige Verbesserungen« angeordnet, hatte Tesla-Chef Elon Musk am Dienstag geäußert.

Von dem Verbot dürfte vor allem US-Marktführer Waymo profitieren, denn bei Tesla scheint man die Hoffnung auf einen Sieg bereits aufgegeben zu haben. Seit April sucht Musk die Kooperation mit dem chinesischen Konkurrenten Baidu in diesem Segment. So weichen die Interessen des Unternehmens in diesem Fall von denen der Regierung ab, die unter Protektion jedenfalls nicht den Schutz von Verkehrsteilnehmern versteht.

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