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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 11 / Feuilleton
Olympiatelegramm

Immer immer

Von Jürgen Roth
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»Einfach immer auf Sieg spielen, das ist einfach immer das beste, was du im Sport machen kannst.« – Christian »Büdi« Blunck

Ich sitze vor dem »Seven Bistro«. Leider haben die deutschen Hockeygrazien mit viel Pech gegen Argentinien im Penalty-shoot-out den kürzeren gezogen, und deshalb muss der ARD-Kommentator Christian »Büdi« Blunck von nun an seine ingeniösen Sentenzen über anderen Weibern ausschütten: »Einfach immer auf Sieg spielen, das ist einfach immer das beste, was du im Sport machen kannst.« Oder: »Es ist immer dieses besondere Duell, das du immer gewinnen willst.«

Immer sehr, sehr gut sind die Fußballkommentatorinnen. Stephanie Baczyk erkennt: »Sie macht da kurz den Stressfaktor und holt einen Einwurf raus«, und die magische Nudelmaschine C. Neumann findet ein Spiel »vollgespickt« mit diesem und jenem, bis am Ende ein Team den Sieg »fix gebucht« hat.

Es ist »ein unfassbar emotionales Gefühl« (Esther Sedla­czek), jeden Tag als Olympiachronist »arbeiten« (hehe) zu dürfen, und weil es mich begeistert, dass das schöne Geschlecht an der Journalistenfront exakt so noetisch vergammelt ist wie die Sackträger (Bernd Schmelzer im Stream: »Fast so auf dem zweiten Bildungsweg, der Abschluss«; »Da dreht sich das Pendel plötzlich wieder auf die andere Seite«), lasse ich mir ein zweites Gutmann kredenzen.

Auf einmal schnellt der Große Malaka am Nebentisch hoch, eilt hinein, kommt kurz darauf mit einem Besen zurück und beginnt, den Rinnstein, der mit Kippen übersät ist, zu kehren.

Hast du das geseh’n! denke ich und sage zu dem in einen Karl Krausschen Straßenreiniger verwandelten Toprhetor: »Mala­ka, das ist prima, was du da machst!« Und der Große Malaka schreit, glühend vor Wut: »Große Arschlöcher! Drei Aschenbecher hier! Immer alle schmeißen weg! Alle Arschlöcher!«

Er müsste auch dringend mal mit dem Sprachbesen durch die Fernsehstudios und die Sprecherkabinen gehen. Ich werd’ ihn drum bitten.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (6. August 2024 um 22:22 Uhr)
    Was für ein unfassbar rationaler Plan, »Esther Sedla­czek« und »das schöne Geschlecht« in einem Satz zusamm zu schreiben! Gibt es dafür einen zureichenden Grund?

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