Drei Jahrzehnte Krieg
Von Christian Selz, KapstadtSeit dem letzten Juliwochenende gilt ein neuer Waffenstillstand in der Demokratischen Republik Kongo. Ausgehandelt wurde die Vereinbarung in Angolas Hauptstadt Luanda unter Vermittlung von Präsident João Lourenço. Hoffnung macht, dass Ruandas Außenminister direkt an den Friedensgesprächen teilnahm. Bisher hatte die Regierung des ostafrikanischen Landes ihre Beteiligung am Krieg im Osten der benachbarten Demokratischen Republik (DR) Kongo stets abgestritten. Wie ein Sprecher des kongolesischen Außenministeriums am Dienstag nach Verkündung der Einigung der Nachrichtenagentur Reuters sagte, gelte das Waffenstillstandsabkommen unbefristet. Dennoch bleibt die Frage, ob die Feuerpause auch tatsächlich länger hält, als vorherige Vereinbarungen. Zweifel nährt etwa die Tatsache, dass die von Ruanda unterstützte Rebellenmiliz »M23«, die inzwischen große Teile der kongolesischen Provinz Nord-Kivu erobert hat, nicht selbst in die Verhandlungen einbezogen war und am Donnerstag verkündet hat, sich »nicht automatisch« an das Abkommen gebunden zu fühlen und in einen »direkten Dialog mit den Behörden in Kinshasa« treten wolle.
Ruandas direkte Kriegsbeteiligung
Zumindest die Kommunikationsreflexe der internationalen »Wertegemeinschaft« funktionieren noch. »Dieser Schritt ist essentiell, um das Leid der Bevölkerung zu lindern und zu einer Lösung des Konflikts im Osten der DR Kongo zu führen«, erklärte die Außenministerin der ehemaligen Kolonialmacht Belgien, Hadja Lahbib, in einer Stellungnahme. Auch Frankreich und die USA begrüßten die Waffenstillstandsvereinbarung. EU-Außenkommissar Josep Borrell forderte eine »umgehende und umfassende Umsetzung aller im Rahmen des trilateralen Treffens getroffenen Entscheidungen« und rief »alle Konfliktparteien« auf, »die Waffenruhe einzuhalten«. Ähnlich unparteiisch äußerte sich auch der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, der aber immerhin Ross und Reiter ohne Umschweife benannte: »Wir hoffen, dass diese Vereinbarung dabei helfen wird, die Voraussetzungen für eine Deeskalation der Spannungen zwischen der DR Kongo und Ruanda zu schaffen und eine sichere Heimkehr der Binnenflüchtlinge zu ermöglichen.«
Die Neutralität in der Kommunikation darf durchaus verwundern. 1,7 Millionen Menschen sind allein durch die Ende 2021 wieder aufgeflammten Kampfhandlungen in der kongolesischen Provinz Nord-Kivu vertrieben worden, samt und sonders auf kongolesischer Seite. Die Vereinten Nationen wissen das, die Zahlen entstammen ihren eigenen Schätzungen. Doch sie stehen der Gewalt so ohnmächtig gegenüber, dass es in den vergangenen Jahren zu immer wütenderen Protesten gegen die UN-Interventionsmission Monusco gekommen ist. Gemeinsam mit ihrer Vorgängermission MONUC (1999 bis 2010) ist die »Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in der Demokratischen Republik Kongo« der am längsten andauernde und umfangreichste bewaffnete UN-Einsatz. Doch trotz einer Truppenstärke von in Spitzenzeiten mehr als 22.000 Einsatzkräften gelang das im Namen enthaltene Ziel nicht. Die Menschen im Kongo werfen den Blauhelmen Tatenlosigkeit und Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung vor. Schlimmer noch, bei Protesten gegen die UN-Truppe wurden im vergangenen Jahr mindestens 41 Menschen getötet. Im September 2023 verkündete der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi daher in einer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, dass er seine Regierung angewiesen habe, den eigentlich ab Ende 2024 vorgesehenen Abzug Monuscos zu beschleunigen. Im Januar dieses Jahres verkündeten die UN schließlich den neuen Zeitplan für das Ende der Mission. Die ersten 2.000 UN-Soldaten zogen bis Ende April ab, bis zum Jahreswechsel sollten demnach die letzten Blauhelme die DR Kongo verlassen. Doch der Plan ist ins Stocken geraten. Am 14. Juli erklärte die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner gegenüber Reuters, dass der Abzug der etwa 11.000 verbliebenen UN-Kräfte aufgrund der »Aggression Ruandas« schwer vorstellbar sei.
An dieser Stelle darf die zur Schau gestellte Neutralität in der Kommunikation der Vereinten Nationen auch deshalb verwundern, weil die UN den Aggressor in diesem Konflikt klar benannt haben. Bereits im August 2022 hatte eine UN-Expertengruppe einen 131seitigen Bericht vorgelegt, in dem sie Ruanda aufgrund »stichfester Beweise« vorwarf, seit mindestens November 2021 militärische Interventionen in der DR Kongo durchgeführt und »Truppenverstärkungen« für »M23«-Angriffe bereitgestellt zu haben, »insbesondere, wenn diese auf die Eroberung strategischer Städte und Gebiete abzielten«. Die Expertengruppe warf Ruanda zudem vor, die »M23« bewaffnet zu haben. 2023 wiederholten die UN-Experten ihren Standpunkt in einem weiteren Bericht. Ruanda stritt eine Beteiligung am Krieg in der DR Kongo beide Male stumpf ab.
Anfang Juli dieses Jahres nannte eine weitere Expertenkommission der Vereinten Nationen konkrete Zahlen, wonach Ruanda 3.000 bis 4.000 Soldaten zur Unterstützung der »M23« ins Nachbarland entsandt habe. Den UN-Angaben zufolge habe Ruanda damit etwa gleich viele oder sogar mehr Einsatzkräfte in der DR Kongo im Einsatz, als die »M23« Milizionäre zählt. Das Eingreifen des ruandischen Militärs sei demnach ein entscheidender Faktor für erhebliche Geländegewinne der »M23« zwischen Januar und März dieses Jahres gewesen. Mehr noch: Die Regierung in Kigali habe »de facto die Kontrolle und Weisungsgewalt über die ›M23‹« und sei deshalb »verantwortlich« für deren Handeln, hieß es in dem jüngsten Bericht. Ruanda änderte daraufhin seine Strategie. Präsident Paul Kagame hat die Vorwürfe bisher nicht dementiert, statt dessen erklärte Regierungssprecherin Yolande Makolo, die DR Kongo würde Ruanda »andauernd mit Krieg drohen«, weshalb ihr Land »sich weiterhin verteidigen« werde.
Der Völkermord und die Folgen
Makolos Äußerungen sind Eingeständnis der aktiven Beteiligung am Krieg und Offenbarung der ruandischen Sichtweise zugleich. Kigali sieht im Osten des Kongo eine Gefahr, deren Gründe bis in die Zeit unmittelbar nach dem Völkermord in Ruanda 1994 zurückgehen. Damals hatten extreme Kräfte aus der ethnischen Gruppe der Hutu infolge der Ermordung des ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana, einem Hutu, politische und militärische Schaltzentralen übernommen und einen Genozid angezettelt. Innerhalb von drei Monaten töteten ihre Milizen sowie über das Radio zu Gewalttaten aufgestachelte Zivilisten etwa 800.000 Angehörige der Bevölkerungsminderheit der Tutsi und solche Angehörige der Hutu, die sich gegen den Völkermord stellten. Der Einmarsch der Tutsi-Miliz FPR (Front Patriotique Rwandais, Ruandische Patriotische Front) in Kigali beendete schließlich das Morden. Unter ihrem Anführer Kagame, dem heutigen Präsidenten, übernahm die FPR die Macht in Kigali. Hunderttausende Angehörige der Hutu flohen in die benachbarte DR Kongo, darunter auch für den Völkermord verantwortliche Milizionäre.
Die nach wie vor bewaffneten Hutu-Gruppen formierten sich bald neu und griffen vom Kongo aus einerseits Ruanda an, andererseits verfolgten sie kongolesische Tutsi, die nun ihrerseits zu Hunderttausenden nach Ruanda flohen. Die Regierung in Kigali unterstützte daraufhin Tutsi-Milizen in der DR Kongo, die Flüchtlingslager der Hutu attackierten, und schickte 1996 auch eigene Truppen ins Nachbarland. Es war der Auftakt zum Ersten Kongo-Krieg. Eine Allianz aus Milizen, ruandischen Truppen und später auch Einheiten der angolanischen Armee rückte schließlich 1997 in die Hauptstadt Kinshasa vor und stürzte den dortigen Langzeitmachthaber Mobutu Sese Seko. Die Kriegsgewinnler installierten mit Laurent-Désiré Kabila einen neuen Machthaber, der aufgrund seiner proruandischen Haltung aber schon bald in der eigenen Bevölkerung unter Druck geriet. Ein Jahr später, 1998, brach Kabila im wesentlichen mit Kigali, was eine der Ursachen für den Beginn des Zweiten Kongo-Kriegs war, der bis 2003 etwa drei Millionen Todesopfer forderte. Trotz des Friedensabkommens, das am 30. Juli 2002 unter Vermittllung von Südafrika in Pretoria zwischen den Präsidenten Joseph Kabila und Paul Kagame abgeschlossen worden war, hielt die Gewalt an – bis heute. Insgesamt wird die Zahl der kriegsbedingten Todesopfer im Kongo heute auf etwa fünf Millionen geschätzt, die Vereinten Nationen geben die Zahl der Binnenflüchtlinge zusammengenommen mit etwa 7,2 Millionen an.
In dem inzwischen fast drei Jahrzehnte dauernden Konflikt geht es jedoch längst nicht mehr nur um ethnische Zugehörigkeiten. Der Osten der DR Kongo zählt zu den rohstoffreichsten Regionen der Welt mit großen Vorkommen an Gold, Diamanten, Kupfer und seltenen Erden. Die Ausbeutung dieser Ressourcen finanziert einerseits den anhaltenden Krieg, ist andererseits aber auch zum Kriegszweck selbst geworden. So erfolgte die neuerliche Offensive der »M23« Ende 2021, just als die DR Kongo begonnen hatte, im Kampf gegen die islamistische Rebellengruppe ADF mit dem Nachbarland Uganda zu kooperieren, das in der Vergangenheit ebenfalls kongolesische Milizen unterstützt hatte. Als Nebeneffekt dieser Zusammenarbeit verschob sich der Handel mit kongolesischen Rohstoffen, vor allem mit Gold, stärker auf die Route über Uganda, zum Nachteil ruandischer Akteure. Die Offensive der »M23« war daher auch eine Untermauerung der militärischen Kräfteverhältnisse in der Region, zur Wahrung von illegitimen Wirtschaftsinteressen.
Verbündete im Rücken
Die kongolesischen Streitkräfte stehen der Situation weitgehend machtlos gegenüber, zu stark sind ihre Gegner. Sowohl Ruanda als auch Uganda sind bedeutende Partner des Westens auf dem afrikanischen Kontinent. Die Kontrolle über die Handelsrouten der Rohstoffe trägt zudem geopolitisch zur Machtfestigung bei. So lässt sich erklären, warum Ruanda, das in der DR Kongo nichts anderes als einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg unter Zuhilfenahme einer lokalen Miliz unter seiner Kontrolle führt, kaum Konsequenzen geschweige denn Sanktionen fürchten muss. Gelegentliche verbale Anwürfe dienen eher dem Zweck, den Schein eines wertebasierten Ordnungsinteresses zu wahren. So verurteilte das US-Außenministerium im Februar dieses Jahres die »wachsende Gewalt« im Osten der DR Kongo, für die es ausdrücklich »die Handlungen der bewaffneten, von Ruanda unterstützten und von den USA und den UN sanktionierten Gruppe ›M23‹« verantwortlich machte. Das Department of State forderte die Miliz auf, ihre Angriffe einzustellen und sich aus ihren Stellungen nahe der Städte Sake und Goma zurückzuziehen. Von Kigali verlangte Washington, dass es »unverzüglich sämtliches Personal der Streitkräfte Ruandas aus der DR Kongo abziehen und seine Boden-Luft-Raketen-Systeme entfernen« solle, die »das Leben von Zivilisten, UN- und anderen regionalen Friedenshütern und humanitären Akteuren sowie die kommerzielle Luftfahrt in der östlichen DR Kongo bedrohen«. Das Außenministerium in Kigali antwortete, dass das US-Statement die Realität verzerrt darstelle und Ruanda sich sein Recht auf Selbstverteidigung bewahren werde. Keine drei Monate später griffen ruandische Kräfte ein Flüchtlingslager nahe der Provinzhauptstadt Goma mit Granaten an und töteten neun Menschen. Die USA protestierten und forderten von Kigali, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die ruandische Regierungssprecherin Makolo bezeichnete die Vorwürfe auf X als »lächerlich« und erklärte, ihr Land habe eine »professionelle Armee«, die ein Flüchtlingslager »niemals attackieren« würde.
Das Schema ist simpel. Kigali streitet seine Beteiligung am Krieg in der DR Kongo in aller Regel so weit wie irgend möglich ab und beruft sich ansonsten auf sein Selbstverteidigungsrecht. Insofern ist der jüngst ausgehandelte Waffenstillstand besonders, weil Ruanda damit im Grunde seine Verantwortung eingesteht. »Indem es stillschweigend das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat, zeigt sich Ruanda als Kriegspartei, denn nur wer in eine militärische Operation involviert ist, kann einen Waffenstillstand unterzeichnen«, zitierte der staatliche Auslandssender Deutsche Welle am 1. August auf seiner Onlineplattform den kongolesischen Politanalysten Christian Moleka. Große Hoffnungen auf einen bleibenden Frieden macht er sich aber dennoch nicht und warnt vor der Rolle der »M23«: »Ruanda kann einen Waffenstillstand zwar unterschreiben, aber die ›M23‹ kann sich davon distanzieren, insbesondere, weil sie nicht in den Friedensprozess von Luanda einbezogen ist.« So kann sich die ruandische Regierung nach außen als dem Frieden verpflichtet präsentieren, während die von Kigali gelenkte Miliz den Krieg weiterführt. Eine Lösung ist damit blockiert.
Ruanda kann dieses Spiel auch deshalb spielen, weil es wichtige Verbündete in der NATO hat. Die Regierung Kagame versteht es, sich unverzichtbar zu machen. Mit Großbritannien hat sie ein Flüchtlingsabkommen ausgehandelt, in dessen Rahmen die vor kurzem abgewählte Tory-Regierung Schutzsuchende in Lager in dem ostafrikanischen Land abschieben wollte. Bis zu 3,9 Milliarden Pfund (4,6 Milliarden Euro) soll London dafür innerhalb von fünf Jahren zu zahlen bereit gewesen sein. 220 Millionen Pfund (260 Millionen Euro) sind sogar bereits nach Ruanda geflossen. Die neugewählte Labour-Regierung hat zwar angekündigt, das Programm nicht weiter verfolgen zu wollen, inzwischen gibt es aber aus etlichen EU-Staaten Stimmen, die den Plan aufgreifen wollen – auch aus der CDU und der FDP in Deutschland. Da stört es nicht, dass Kagame, der 2015 die Verfassung ändern ließ, um bis 2034 Staatschef bleiben zu können, und der sich jüngst mit 99 Prozent der Stimmen für eine weitere Amtszeit wählen ließ, die Opposition unterdrückt und Dissidenten auch im Ausland ermorden lässt.
Im Gegenteil. Für Frankreich, das während des Völkermords noch auf Seiten der Hutu-geführten Regierung stand und während des Ersten Kongo-Kriegs Söldner zur Unterstützung von Mobutu gegen die von Ruanda unterstützten Milizen anheuerte, führt Kigali heute sogar einen Militäreinsatz. 1.000 ruandische Soldaten und Polizisten wurden 2021 in Mosambiks nördliche Provinz Cabo Delgado entsandt, um gegen islamistische Aufständische vorzugehen. Auf dem Papier wurden sie von der Regierung in Maputo angefordert, doch kurz zuvor war der französische Präsident Emmanuel Macron nach Kigali gereist, der dort Abbitte für die »politische Mitverantwortung« seines Landes während des Völkermords leistete. Ebenfalls im Gepäck hatte Macron ein Anliegen des französischen Rohstoffkonzerns Total, der in Mosambik Offshore-Gasvorkommen ausbeuten will und dafür bereits die Anlagen an Land errichtet hat, die aber wegen der angespannten Sicherheitslage bisher nicht betrieben werden können. Zwei Monate später waren die ruandischen Truppen bereits vor Ort und stachen damit auch ein bereits deutlich länger geplantes Kontingent der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) aus, was Südafrikas damalige Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula als »unglücklich« bezeichnete.
Scheiternde multinationale Truppen
Für Total und das mosambikanische Militär hatte der Schritt den Vorteil, dass häufig aufkommende Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen gegen die Lokalbevölkerung keiner ernsthaften parlamentarischen Untersuchung unterzogen werden konnten, wie das in den entsendenden SADC-Ländern hätte passieren können. Zwar schickte die SADC zwischenzeitlich trotzdem noch eine Eingreiftruppe, doch die hat sich in diesem Jahr wieder zurückgezogen – und wurde ersetzt von weiteren ruandischen Kontingenten in einer Stärke von nun insgesamt 4.500 Einsatzkräften. Sobald die Sicherheit in Cabo Delgado für die Ausbeutung der Gasvorkommen wieder gewährleistet ist, will auch der US-Konzern Exxon Mobil sein dortiges Flüssiggasprojekt wieder aufnehmen, das infolge der Offensive der Rebellen bisher in der Planungsphase steckengeblieben war. Ernsthafte Bemühungen westlicher Mächte, dem Treiben Ruandas in der DR Kongo entschieden entgegenzutreten, sind vor diesem Hintergrund kaum zu erwarten.
Auf der in Mosambik noch ausgestochenen SADC ruhen derweil nun in der DR Kongo die Hoffnungen auf eine Befriedung des Landes. Im Dezember vergangenen Jahres entsandte die Staatengemeinschaft eine Eingreiftruppe. Südafrika, Tansania und Malawi stellen dazu insgesamt 5.000 Soldaten. Sie lösten eine Mission der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) ab, die bei der Bekämpfung der Rebellenmilizen im Ostkongo kaum Erfolge verzeichnen konnte, in der Bevölkerung als nutzlos angesehen wurde und deren Mandat die kongolesische Regierung schließlich nach nur gut anderthalb Jahren Einsatzzeit auslaufen ließ. Die EAC-Truppe hatte sich trotz Aufforderung Kinshasas geweigert, militärisch gegen die »M23« vorzugehen – mutmaßlich, um nicht den Zorn Ruandas, ebenfalls EAC-Mitglied, auf sich zu ziehen.
Ob die neue SADC-Mission mit einem Viertel der Truppenstärke der Monsuco militärisch erfolgreicher sein kann, als es die UN-Truppe war, bleibt nun abzuwarten, wirkt aber nicht sonderlich wahrscheinlich. Zugleich verfolgt Kinshasa gleich zwei Wege zur diplomatischen Lösung des Konflikts: den von der Ostafrikanischen Gemeinschaft geförderten Nairobi-Prozess, der eine Reihe von Milizen, aber nicht die »M23«, einschließt, und die Friedensgespräche in Luanda unter der Schirmherrschaft des angolanischen Präsidenten Lourenço, der von der Afrikanischen Union als Vermittler in dem Konflikt eingesetzt wurde. Angola, das eine mehr als 2.600 Kilometer lange Grenze mit der DR Kongo teilt, hat dabei auch ein Eigeninteresse an einer Beendigung des Kriegs. Erreichbar wird dieses Ziel allerdings nur, wenn Ruanda sich entsprechend beteiligt. Dazu müssten einerseits Kigalis Sicherheitsinteressen gewährleistet werden und andererseits das Profitieren vom Handel mit kongolesischen Rohstoffen, insbesondere mit Gold, verhindert werden. Das allerdings ist derzeit kaum zu erwarten, da vor allem westliche Mächte in hohem Maße auf Ruanda angewiesen sind. Für die Zivilbevölkerung im Osten des Kongo sind das trübe Aussichten, wie seit nunmehr drei Jahrzehnten.
Christian Selz schrieb an dieser Stelle zuletzt am 27. April über Südafrika 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid.
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