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Aus: Ausgabe vom 12.08.2024, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Umweltschutz

Protest gegen Lithiumabbau in Serbien

Erneut demonstrieren Zehntausende in Belgrad gegen die geplante Förderung des Leichtmetalls
Von Roland Zschächner
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Sie sind alle wieder da: Die Massenproteste gegen Serbiens Lithiumpläne gehen weiter (Belgrad, 10.8.2024)

Sie stemmen sich gegen den Ausverkauf des Landes: Am Sonnabend sind in der serbischen Hauptstadt Belgrad Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Die Veranstalter, verschiedene Umweltinitiativen und Aktivisten, sprachen von 40.000 Teilnehmern. Dabei wurde unter anderem der Hauptbahnhof besetzt, auch wurden Demonstranten von der Polizei verhaftet. Es waren die größten Proteste seit langem.

Hintergrund ist der geplante Abbau von Lithium bei der Stadt Loznica. Dort, im Tal des Flusses Jadar, werden große Vorkommen des Leichtmetalls vermutet. Das weckt seit Jahrzehnten Begehrlichkeiten des britisch-australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto, aber auch der EU-Autoindustrie und der für sie handelnden Regierenden in Berlin und Brüssel, denn die Mobilität soll – auf Kosten der Umwelt – elektrifiziert werden, was ohne Lithiumbatterien nicht möglich ist.

Um alles vertraglich in trockene Tücher zu bringen, war am 19. Juli der deutsche Kanzler Olaf Scholz mit Managern wichtiger Autofirmen eigens nach Belgrad gereist. Für Serbien soll das Vorhaben ebenfalls lukrativ sein, behauptet zumindest Staatspräsident Aleksandar Vučić. Eine ganze Wertschöpfungskette inklusive gutbezahlter Jobs werde entstehen, vom Schürfen über die Batterieproduktion bis zum Recycling. Doch das wollen ihm die Bürger nicht so recht abnehmen, vor allem diejenigen nicht, die in der Region leben, wo der Rohstoff aus der Erde geholt werden soll. Sie befürchten die unwiederbringliche Zerstörung der Natur und damit ihrer Lebensgrundlage in der landwirtschaftlich geprägten Gegend.

Wissenschaftliche Untersuchungen geben den Demonstranten recht. Vučić und Rio Tinto kontern mit Gegenstudien und beteuern, alles werde nach höchsten ökologischen Standards ablaufen. Doch die Versprechen nutzten bislang nichts. Bereits einmal zog es Massen gegen den Lithiumabbau auf die Straße. Im Januar 2022 musste Vučić das Projekt deswegen stoppen. Anfang Juli machte ein Urteil des Verfassungsgerichts den Weg wieder frei – aber auch die Proteste beginnen von neuem.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (12. August 2024 um 11:53 Uhr)
    »… denn die Mobilität soll – auf Kosten der Umwelt – elektrifiziert werden, was ohne Lithiumbatterien nicht möglich ist« – Dem ist nicht zu widersprechen. Aber ist daraus zu schließen, dass der kaum begonnene Aufstieg der E-Mobilität eigentlich aus Umweltgründen beendet werden müsste? Der Autor sagt lieber nichts dazu! – Außerdem: Lithium gibt es in abbauwürdigen Mengen nicht nur in Serbien, sondern z. B. auch in China! Oder woher stammt das Lithium in den Batterien der E-Autos, mit denen China derzeit den internationalen Markt überschwemmt? Auch dazu keine Aussage im Artikel. – Wie der Lithium-Abbau in Serbien bei den Ortsansässigen ankommt, beschreibt der Autor ausführlich in Text und Bild. Mich (und vielleicht auch andere Leser) würde interessieren, wie der Lithium-Abbau in China bei den dort Ortsansässigen ankommt. Traut sich dort Niemand, aufzubegehren?

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