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Aus: Ausgabe vom 12.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Kavalierstartpartei des Tages: FDP

Von Arnold Schölzel
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Da war die FDP noch nicht dabei: Formel-1-Fahrer Michael Schumacher 1998 im Ferrari

Beim Ampelstart die Reifen durchdrehen und qualmen lassen, mit Bleifuß auf dem Gaspedal anderen den Auspuff zeigen – das ist im Fachsprech »Kavalierstart«. Den will, meldet Bild am Sonntag (BamS), an diesem Montag die Partei des Oldtimerporschefahrers Christian Lindner (»ein Stück automobiles Kulturgut«) hinlegen. Das Springer-Blatt durfte ein FDP-Papier, das den Titel »Fahrplan Zukunft: Eine Politik für das Auto« trägt, vorab lesen und dröhnte anschließend von »Vollgas-Attacke gegen die Grünen-Verkehrspolitik«.

Kernpunkte: Nicht weniger, sondern mehr Autos in die Innenstädte! Deswegen Gratisparken unterm Ladentisch oder mindestens »ein günstiges, deutschlandweites Flatrate-Parken (Vorbild 49-Euro-Bahnticket)«. Außerdem: Weniger Fahrradstraßen und Fußgängerzonen, »ideologische Vollsperrungen dürfe es nicht mehr geben.« Das ist gut. Es bringt in stadtplanerische Gletscherspalten wie die Berliner Friedrichstraße zwar kein Leben, aber wenigstens Blechbewegung, und macht der Langeweile deutscher Billigheimerlatschpisten von Deichmann zu Rossmann, Woolworth usw., genannt Fußgängerzonen, ein Ende. Zur Seite springen macht munter.

Nach dem Wunsch der FDP soll es »Grüne Wellen« und dadurch weniger Staus und Schadstoffe geben. In der Hauptstadt wird das beim Neubau von Straßenbahnen oder Busspuren bereits beachtet: Das Bauen dauert Jahrzehnte und Vorrang vor Autos bekommen die ÖPNV-Dinos auf keinen Fall. Außerdem auf dem Wunschzettel: begleitetes Autofahren für Jugendliche schon ab 16 Jahren. Vor allem aber: »Bekenntnis zur Formel 1«. Die ist nämlich, weiß die FDP, ein »Innovations-Turbo« und stärkt den Tourismus dort, wo nur Landschaft ist. Dröhnen ist letztlich alles.

In Thüringen und Sachsen wird am 1. September gewählt und die Umfragewerte der FDP landen unter »Sonstige«. Da hilft Gummi geben.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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