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Aus: Ausgabe vom 12.08.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Chaos Computer Club warnt vor UN-»Cybercrime«-Konvention

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Laptop auf, Kabel rein: Ohne Schutzvorkehrungen wird es für Journalisten und Oppositionelle bald noch gefährlicher

Nachdem am Donnerstag auf UN-Ebene der Vertragstext für die sogenannte Cybercrime-Konvention beschlossen wurde, hat der Chaos Computer Club (CCC) am Sonnabend ausdrücklich vor einer Ratifizierung gewarnt:

Der am Donnerstag beschlossene Vertragstext ist ein gefährlicher Fehlschlag. Denn er enthält weiterhin breite Überwachungsvorgaben, die von den UN-Staaten umzusetzen wären, ohne diese Befugnisse jedoch durch rechtliche Mindeststandards abzusichern. Dazu gehören breite Befugnisse zur Echtzeiterfassung von Telekommunikationsmetadaten und das Abhören von Kommunikation. (…) Keiner der westlichen Staaten, die sonst gern ihren Einsatz für Menschenrechte betonen, hat in der letzten Verhandlungsrunde noch Versuche unternommen, diese Gefahren abzuwenden. Mindeststandards beim Datenschutz enthält der Vertragstext nicht, dafür aber eine Ausweitung der weltweiten Kooperation bei Strafverfolgern und Geheimdiensten. (…)

Dem Übereinkommen fehlen klare Regeln, die IT-Sicherheitsforschern und Journalisten eine Arbeit ohne Angst vor Repression ermöglichen würden. (…) UN-Staaten könnten sich zu Mittätern bei der Verfolgung von Journalisten, Aktivisten oder Dissidenten durch repressive Regime machen, indem sie zur Herausgabe von deren Daten verpflichtet werden. Würde das Abkommen im September von der UN-Generalversammlung angenommen und mit der Zustimmung von vierzig Staaten rechtskräftig, können sich Machthaber in aller Welt die Hände reiben.

Die Party for Socialism and Liberation (PSL) erinnerte in ihrer Parteizeitung Liberation News am Sonnabend an die Erschießung des 18jährigen Mike Brown in Ferguson, Missouri, durch einen Polizisten vor zehn Jahren:

Hundert Tage lang erfasste eine anhaltende Protestbewegung gegen Rassismus nicht nur Ferguson, sondern Städte im ganzen Land und forderte Gerechtigkeit für Brown und alle Opfer von Polizeibrutalität. (…) Brown war unbewaffnet und auf dem Weg zum Haus seiner Großmutter, als die Polizei ihn ansprach und ermordete. Laut Zeugenaussagen waren seine Hände oben, als siebenmal auf ihn geschossen wurde. Statt der extremen Gewalt, die die Polizei gegen einen unbewaffneten jungen Mann ausübte, rückte die berechtigte Wut der Protestbewegung in den Mittelpunkt der Berichterstattung der Medien über Ferguson. Ein Artikel nach dem anderen konzentrierte sich auf Szenen von Demonstranten, die plünderten oder Eigentum zerstörten, anstatt auf die Tatsache, dass ein weiterer junger schwarzer Mann von der Polizei ermordet worden war.

Einerseits wurden die Menschen in Ferguson, die Gerechtigkeit für Brown forderten, verunglimpft, und andererseits wurden ihre Stimmen von der Democratic Party und ihren Funktionären gestohlen und kooptiert, die immer wieder versucht haben, das Potenzial jeder Bewegung für drastische Veränderungen zu ersticken. (…) Wir dürfen nicht die lange Geschichte der Kooptation vergessen, die diese sogenannten progressiven Politiker betrieben haben. In einem kapitalistischen System, das durch wachsende Ungleichheit und sich verschlechternde Bedingungen für die große Mehrheit von uns gekennzeichnet ist, werden die Machthaber weiterhin alles tun, um ihre Macht zu erhalten – und dazu gehört heute auch, dass sie vorgeben, Freunde unserer Bewegungen zu sein, während sie in Wirklichkeit der wahre Feind sind.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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