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Aus: Ausgabe vom 13.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Falsche Palästina-Freunde des Tages: Türkische Kapitalisten

Von Nick Brauns
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Türkische Flaggen vor einem Großplakat des türkischen Präsidenten Erdoğan im Wahlkampf (Istanbul, 12.5.2023)

Wenn der palästinensische Präsident Mahmud Abbas in dieser Woche in die Türkei reist, wird es ein Besuch bei Freunden sein. Denn von sozialistisch bis religiös steht die Bevölkerung fast geschlossen an der Seite der Palästinenser. Entsprechend kündigte Ankara an, der Völkermordklage Südafrikas vor dem IGH beizutreten. Um dem zionistischen Staat Einhalt beim Massenmord in Gaza zu gebieten, ist dieser Schritt zu begrüßen – wenn auch angesichts der zur Staatsräson der Türkei gehörenden Leugnung des eigenen Genozids an den Armeniern sowie fortgesetzter Massakrierung von Kurden ein fahler Beigeschmack bleibt.

Doch erst auf innenpolitischen Druck hin ließ Präsident Recep Tayyip Erdoğan im April den florierenden Israel-Handel meist regierungsnaher türkischer Unternehmen stoppen. Augenwischerei: Die Exporte nach Israel würden nun über Drittländer und -käufer fortgesetzt, verwies die sozialistische Tageszeitung Evrensel auf den plötzlichen gigantischen Anstieg der Ausfuhr von Baustoffen in die palästinensischen Gebiete. Weiterhin werden 40 Prozent des israelischen Ölbedarfs von der türkischen »Brudernation« Aserbaidschan gedeckt – über eine Pipeline durch die Türkei. Türkisches Kapital profitiert sogar direkt von Zahlungen des israelischen Verteidigungsministeriums, wie die Jerusalem Post am Wochenende berichtete.

Im Juli wurde ein seit 2004 bestehender Vertrag zur Stromversorgung israelischer Armeebasen mit dem Großkraftwerk Dorad verlängert. Ein Viertel der Anteile an dem bei Aschkelon gelegenen Kraftwerk hält die Zorlu Holding des erdoğannahen Oligarchen Ahmet Nazif Zorlu. Erdoğan hat beteuert: »Wir bemühen uns aufrichtig, die Palästina-Prüfung sowohl persönlich als auch als Land und Nation zu bestehen.« Zumindest der Präsident und die ihn stützende Kapitalistenklasse werden hier durchfallen.

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