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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Arbeitskampf

Indien vor Großstreiks an Häfen

Marode Straßen, seit Jahren stockende Tarifverhandlungen: Für die kommenden Tage sind Ausstände von Containertransporteuren und Hafenarbeitern angekündigt
Von Burkhard Ilschner
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»Miserable Verhältnisse«: Jawaharlal Nehru Port in Navi Mumbai

Der Transportwirtschaft in Indien stehen unruhige Wochen bevor – und allen, die mit dem Subkontinent Handel treiben: Mitte dieser Woche wollen die Containertransporteure ihre Fahrten einstellen, was die Zu- und Abläufe der verschiedenen Seehäfen stark beeinträchtigen dürfte. Und für die kommende Woche haben mehrere Hafenarbeitergewerkschaften einen vorerst unbefristeten Streik in den zwölf größten Häfen des Landes angekündigt, weil Tarifverhandlungen seit mehr als 31 Monaten stocken.

Die Containertransporteure – gemeint ist der Verband, nicht eine Gewerkschaft – wollen sich gegen drastisch verschlechterte Arbeitsbedingungen wehren. Zum einen protestieren sie gegen verschiedene ihnen auferlegte Gebühren, unter anderem für das bloße Be- und Entladen von Containern oder fürs Parken; sie verlangen, dass diese Zahlungen von den auftraggebenden Im- und Exporteuren eingezogen werden. Zum anderen fordern sie eine Aussetzung der Autobahnmaut samt Erstattung bereits geleisteter Zahlungen. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang die miserablen Verhältnisse auf den mautpflichtigen Autobahnen, die zu Schäden an ihren Fahrzeugen führen würden. Insbesondere die Trassen um und nach Mumbai sind gemeint: In der Westküstenmetropole liegt mit dem Jawaharlal Nehru Port einer der wichtigsten Containerterminals Indiens, manche Quellen nennen ihn den größten.

Indien verfügt neben vielen mittleren und kleinen auch binnenländischen Häfen an den Küsten über zwölf regierungseigene sogenannte »Major Ports«. Diese zwölf Häfen sollen ab dem 28. August unbefristet bestreikt werden, meldete Mitte vergangener Woche unter anderem das maritime Infoportal Freight News (FN) aus Johannesburg. Beschlossen wurde der Ausstand von der All India Port and Dock Workers’ Federation (AIPDWF), die der Internationalen Transportarbeiter Föderation (ITF) angehört und als erbitterte Gegnerin von Regierungsbestrebungen zur Privatisierung der staatlichen Häfen gilt. Unterstützt wird der Streik von der Water Transport Workers’ Federation of India (WTWFI), die der Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten) nahesteht. Beobachter erwarten, dass sich weitere Gewerkschaften mit dem Streik solidarisieren werden.

Der bevorstehende Arbeitskampf hat eine längere Vorgeschichte: Nach Angaben von FN ist der Tarifvertrag zwischen der Regierung und den Hafengewerkschaften Ende 2021 ausgelaufen. Einige Monate vor diesem Termin hatte das Schifffahrtsministerium einen Tarifverhandlungsausschuss einberufen. Der konnte aber bis heute in insgesamt sieben Sitzungen keine Einigung über ein neues Abkommen mit den Arbeitervertretern erzielen. Worauf sich die AIPDWF Anfang dieses Monats in der südöstlichen Hafenstadt Thoothukudi – dort liegt mit dem V. O. Chidambaranar Port der in den meisten Zählungen drittgrößte Hafen des Landes – getroffen hatte, um die Situation zu beraten und Maßnahmen zu ergreifen.

In den mehr als 31 Monaten seit Auslaufen des Vertrags haben sich die Forderungen der Gewerkschaften regelrecht aufgestaut. Es geht längst nicht mehr nur um eine Anhebung der Löhne samt entsprechender Nachzahlungen, um rückwirkende Rentenansprüche oder ausstehende Umsetzung früherer Vereinbarungen. Es geht auch um die seit 2021 einbehaltenen Prämienzahlungen, die Hafenbeschäftigten traditionell im Herbst – zu Beginn der hinduistischen Festivalsaison – zustehen. Wesentlicher Streitpunkt ist zudem – Stichwort Privatisierung – das von der Regierung radikal geänderte Hafenmanagement. Seit 1963 galt für die staatlichen Häfen mit dem »Indian Major Ports Act« ein landesweites Reglement, das im Jahre 2021 durch den »Major Port Authorities Act« ersetzt wurde. Dieser Vertrag sollte angeblich dem Hafenbetrieb an den einzelnen Standorten mehr Autonomie verleihen. Tatsächlich aber, so die Gewerkschaftskritik, habe die Regierung zuvor vorhandene Autonomie beschnitten und Zuständigkeiten beim Ministerium gebündelt. Der Verdacht, so heißt es, liege nahe, dass einer Auslagerung von Hafenaktivitäten an externe Investoren Vorschub geleistet werden soll.

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