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Aus: Ausgabe vom 24.08.2024, Seite 10 / Feuilleton
Kulturlandschaft

Görlitz am Rande: Ach ja, die Wahl

Von Bernhard Spring
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In Görlitz läuft der Wahlkampf eher verhalten – vielleicht liegt es am Wetter?

Lieber Freund, ich dachte immer, die wichtigste Landtagswahl wäre die von NRW, weil dort knapp jeder fünfte Deutsche lebt. Wird sie nicht deshalb auch als kleine Bundestagswahl bezeichnet? Na, in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zusammen leben beinahe weniger Menschen als in Niedersachen – und trotzdem wirkt es in den Medien so, als erlebten wir gerade die Schicksalsschlacht der Deutschen.

Der Osten wird derzeit sehr wichtig genommen, weil die AfD da so stark ist und das BSW erstmals flächendeckend im Kernland der Linken antritt. Weil viele Politiker ihr Weitermachen an einen bestimmten Wahlausgang geknüpft haben – und weil die Opposition im Bundestag die Wahlen im Osten missbrauchen will, um mit der Bundesregierung aufzuräumen. Vertrauensfrage, Neuwahlen. Stell dir das mal vor: Weniger als zehn Prozent der Bürger würden eine nationale Krise auslösen. Wenn das mal nicht undemokratisch wäre.

In Görlitz läuft der Wahlkampf eher verhalten. Vielleicht liegt es am Wetter. Wenn die AfD auf der menschenleeren Straße in der Mittagsglut »Sicherheit statt Chaos« fordert, wirken beide Fixpunkte sehr ortsfremd. Trotzdem haben die Alternativen hier bei den letzten Wahlen abgeräumt, zum Teil über 40 Prozent der Stimmen.

Jetzt richten sich die anderen Parteien an der AfD aus, zumindest von den Wahlslogans her. Die CDU betont, dass sie die Sicherheit durchsetzen kann – und erinnert an ihre Regierungserfahrung. Die Linke und das BSW arbeiten sich am Motto Heimat ab und wünschen sich einmal »Heimat ohne Hass«, dann wieder wollen sie Sicherheit, Frieden und vielem mehr eine Heimat geben. Die Parteien der Bundesregierung sind eher vage, wenn sie beispielsweise plakativ gute Schulen fordern oder betonen, dass beim Wort »Freistaat« das »frei« vor dem »Staat« kommt. Aha.

Die Leute auf der Straße beschäftigt mehr, dass in der Neißstraße vier von acht Restaurants geschlossen sind. Sehr viel steht und fällt hier mit dem Tourismus. Stört da nicht die AfD? Nee, die sind ja gar nicht so. Wie sie statt dessen sind, das bleibt offen. Der Mann drückt mürrisch seine Kippe aus. »Sollen alle mal herkommen und sich selbst ein Bild von machen.« Das kann man als Einladung verstehen. Oder als Drohung.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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