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Aus: Ausgabe vom 30.08.2024, Seite 2 / Kapital & Arbeit
Thyssen-Krupp Steel

Stahlkocher sind kampfbereit

Stahlbeschäftigte von Thyssen-Krupp machen mobil gegen Konzernkahlschlag
Von David Maiwald
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»López nicht willkommen«: Die Stahlarbeiter sagen der Konzernspitze den Kampf an

Sie sind wütend, sie sind laut: ­López raus!» schallte es am Donnerstag vor dem Werkstor von Thyssen-Krupp Steel in Duisburg. An die Tausend Stahlarbeiter versammelten sich zum Protest gegen die Konzernspitze und gegen drohende Massenentlassungen, erfuhr jW von Beschäftigten, die dabei waren. Vor der Sitzung des Aufsichtsrats am Nachmittag machten die Kollegen klar, dass sie hier einen auf keinen Fall sehen wollen, Miguel ­López, den Chef des Thyssen-Krupp-Gesamtkonzerns. «Angstgegner», nannte ihn ein Beschäftigter.

Die Angst geht um. López und andere Vorstände würden aus «Sorge um ihre Sicherheit» nur per Videoschalte an der Sitzung am Donnerstag teilnehmen, hieß es im Handelsblatt. «Ungeheuerlich» so etwas «herbeizuphantasieren», fand IG Metall-Vorstand und Thyssen-Krupp-Aufsichtsrat Jürgen Kerner demnach. «Ein gutes Zeichen», meinte dagegen Bayram Deutschtürk* zu jW. Bei den Beschäftigten dürfte die Unsicherheit ungleich größer sein.

«Die sollen ruhig mal merken, was hier so alles dran hängt», ärgerte sich der Tagesvorarbeiter aus dem Stahlwerk. «Das muss richtig rappeln hier.» Sollte die Konzernspitze die Produktion auslagern und auf weniger als sechs Millionen Tonnen stutzen, werde eine ganze Produktionslinie stillgelegt. «Dann gehen die Zulieferer, die Kleinbetriebe, das ganze Umfeld – sogar die Baumärkte – mit drauf», so Deutschtürk. «Dann will ich nicht mehr hier leben.»

«Sollten hier wirklich 10.000 Leute entlassen werden, wäre das tödlich für Duisburg», fand auch Süleyman Gürcan. «Viele Kollegen sagen deshalb, ›wir müssen jetzt streiken‹, viele sind bereit zu kämpfen», erklärte der Arbeiter aus dem Bereich der Hochöfen. Doch für einen großen Streik fehle «eine Führung, die die Kollegen zusammenbringt, um den Kampf aufzunehmen», meinte Gürcan. «Das ganze Werk müsste stillstehen – mit Sozialpartnerschaft und Friedenspflicht geht so was aber nicht.»

Gesamtbetriebsrat und IG Metall-Bezirk NRW wollten sich auf Nachfrage vor Ende der Aufsichtsratssitzung nicht über mögliche Maßnahmen äußern. Für die 27.000 Beschäftigten aus den Stahlstandorten des Konzerns gilt eigentlich bis 2026 Beschäftigungssicherung. Das weiß auch Gürcan. Doch: Wenn López den Stahlvorstand rauswerfe – «wie wissen wir, ob hier noch irgend etwas gilt?»«Die Stahlbelegschaft entzieht Miguel López das Vertrauen», teilte die IG Metall am Mittwoch mit.

* Namen der Redaktion bekannt

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  • Leserbrief von Richter, K. (30. August 2024 um 06:20 Uhr)
    Die Vertreter der Ideologie von der Sozialpartnerschaft (und des Staatskapitalismus) sind gemobbt worden, da es im Konkurrenzkampf der Konzerne nicht sozialpartnerschaftlich zugeht und bei Strafe des eigenen Untergangs, mit allen Mitteln mehr Profit gemacht werden muss, als der andere Konkurrent es tut. Also muss eine andere Ideologie in die Köpfe der Arbeiter, damit Sie nicht diesen Machtverhältnissen hilflos gegenüber stehen.

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