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Aus: Ausgabe vom 03.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Altersarmut

Meloni will Renten kürzen

Regierung erwägt Sparmaßnahmen bei Altersbezügen
Von Gerhard Feldbauer
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Ihr Wahlversprechen von 1.000 Euro Mindestrente wird Meloni wohl nicht erfüllen

Für italienische Rentner könnten Kürzungen ihrer Bezüge anstehen. Während Giorgia Meloni im Wahlkampf noch versprochen hatte, die Mindestrente auf 1.000 Euro zu verdoppeln, stellt das italienische Wirtschaftsministerium im Zuge der Anpassung an Schuldenregeln der EU breite sogenannte Sparmaßnahmen in Aussicht.

Angesichts der Pläne, das Haushaltsdefizit von 7,2 Prozent auf 4,3 Prozent zu drücken, dreht sich die Debatte besonders um frühere Renteneintritte, die mit Reformen der Regierung von Exministerpräsident Matteo Salvini umgesetzt wurden. Nach jüngsten Daten des Nationalen Instituts für Sozialversicherung (INPS) nahmen in den vergangenen fünfeinhalb Jahren fast 1,5 Millionen Menschen einen Renteneintritt vor Erreichen des 67. Lebensjahres wahr. Die aktuellen Haushaltsverhandlungen der italienischen Regierung deuten Einschnitte an.

Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat ist die italienische Staatskasse stärker als in anderen EU-Ländern mit Rentenzahlungen belastet. Diese machen demnach rund 16 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP) des Landes aus, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Freitag. Mittlerweile wurde der Betrag der Mindestrente für über 75jährige auf rund 600 Euro gehoben. Das Wahlversprechen Einführung der Mindestrente von 1.000 Euro dürfte sich angesichts der Andeutungen aus der Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode 2027 verzögern, wenn es denn überhaupt realistisch einlösbar ist.

Die sogenannte Quota-100-Reform vom heutigen Verkehrsminister Salvini ermöglichte frühere Renteneintritte im Alter von 62 Jahren bei 38 Beitragsjahren. Im Jahr der Einführung machten rund 300.000 Menschen davon Gebrauch, rund ein Drittel aller Rentner von 2019. Die überwiegende Mehrheit von 60 Prozent machten dabei Staatsbedienstete aus. Das aktuelle durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt aktuell bei um die 64 Jahren.

Laut der italienischen Statistikbehörde Istat erhält etwa jeder dritte Rentner aktuell weniger als 1.000 Euro. Bei der Preisentwicklung der vergangenen Jahre ist es damit quasi unmöglich, die Lebenshaltungskosten zu decken. Zusatzleistungen, die von Senioren in Anspruch genommen werden, können die aktuelle Mindestrente von 614,77 Euro etwas erhöhen. Für Rentner, die weniger als 7.000 Euro im Jahr erhalten, bleibt nur die Möglichkeit, zusätzlich Sozialhilfe zu beantragen. Der Höchstbetrag beträgt derzeit aber entsprechend dem bis 2024 vom INPS aktualisierten Wert nur 735,05 Euro.

Laut der Rentnerabteilung der CGIL (Sindacato Pensionati, Spi) erhielten 2024 bereits rund 30 Prozent der Rentner, das sind 6,8 Millionen Menschen, unter 1.000 Euro brutto monatlich, die Hälfte noch weniger. Davon lasse sich kaum leben, und es treffe immer mehr von denen, »die ein bisschen darüber liegen«, teilte die Gewerkschaft mit. Bereits jetzt sind Frauen deutlich stärker betroffen als Männer. Während laut INPS 2019 im Schnitt Männer 1.381 Euro Rente erhielten, lag das Mittel bei den Frauen bei 976 Euro. Es ist schwer vorstellbar, wie die Regierung angesichts solcher Armutsrenten weiter kürzen will. Ihr Wahlversprechen wird die faschistische Ministerpräsidentin Meloni wohl vorerst schuldig bleiben.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (3. September 2024 um 14:36 Uhr)
    »Die Renten sind sicher«, hieß es vor Jahren vollmundig. Dennoch kommen die Einschläge näher. Erst Griechenland, jetzt Italien. Es wäre gelacht, wenn nicht auch in Deutschland bald jemand auf die Idee käme, man könne Profite auch durch Rentenkürzungen »erwirtschaften«. Trotz aller Lautstärke, der Protest dagegen dürfte für die »Gesellschaftsoptimierer« beherrschbar bleiben.

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