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Aus: Ausgabe vom 06.09.2024, Seite 7 / Ausland
Lawfare

Kommunist aus Haft entlassen

Chile: Der für sein Projekt der Volksapotheken bekannte Daniel Jadue darf in den Hausarrest
Von Carmela Negrete
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Endlich wieder nach Hause: Der ehemalige Bürgermeister von Recoleta, Daniel Jadue (Santiago de Chile, 2.9.2024)

Seit Anfang Juni hatte der chilenische kommunistische Politiker Daniel Jadue drei Monate im Gefängnis verbracht. Am Montag hat Richterin Paula Brito nun entschieden, dass er in den Hausarrest wechseln kann. Er stelle keine »Gefahr für die Gesellschaft« mehr dar, nachdem er wegen der Haft seines Amtes als Bürgermeister enthoben worden war.

Die Vorwürfe, die Chiles Staatsanwaltschaft gegen den bisher nicht vorbestraften Jadue erhebt, sind alle unbestätigt. Demnach soll Jadue zwischen 2020 und 2022 einen Konkurs des Vereins der Volksapotheken verschleppt haben. Diese Versorgungszentren, in denen die Ärmsten vergünstigte Medikamente kaufen konnten, waren sehr erfolgreich. Jadues Partei, die Kommunistische Partei Chiles (PCCh), betont außerdem immer wieder, dass bei Verdacht auf Betrug und Bereicherung eine Untersuchungshaft nicht üblich ist.

Das wahre »Vergehen« des Architekten, Soziologen und Marxisten Óscar Daniel Jadue besteht – grob gesagt – darin, während seiner drei Amtszeiten als Bürgermeister der Gemeinde Recoleta mit Einführung insbesondere der Volksapotheken den Wirtschaftsinteressen der drei großen Pharmakonzerne geschadet zu haben, die Chile beherrschen. Seine Kandidatur für das Präsidentenamt 2021 sollte im Zusammenhang mit dem Prozess eigentlich gar keine Erwähnung finden. Aber selbst wenn er für nicht schuldig befunden wird, hat er durch die Inhaftierung angeblich seine Rechte verwirkt, erneut kandidieren zu dürfen. Normalerweise hätte Jadue bis 2025 Bürgermeister bleiben können.

Die Inhaftierung Jadues hat international eine Welle der Solidarität ausgelöst. Doch auch in der Regierung von Gabriel Boric sorgte sie für Spannungen, da die PCCh Teil der Koalition »Frente Amplio« ist, für die Boric als Kandidat antrat. Jadue war innerhalb des Bündnisses ein Konkurrent Borics für das Präsidentenamt und genoss eine gewisse Popularität. Auch die Sprecherin des Frente Amplio, Camila Vallejo, ist wie Jadue Mitglied der PCCh. Im Juni wurde Frente Amplio übrigens offiziell als Partei registriert, die nun unabhängig vom PCCh ist.

Jadue, Sohn eines Palästinensers und seit seiner Jugend durch den Nahostkonflikt politisiert, ist ein aktuelles Beispiel für Lawfare: Ein politischer Gegner wird mittels der Justiz in ein schlechtes Licht gerückt – in diesem Fall Jadue. Oder, wie Anwalt Hugo Gutiérrez am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Prensa Latina sagte: »Es handelt sich hier um einen geplanten Lawfare, der im wesentlichen von der Wirtschaft ausgeht, die sich mit einigen Medien, der Justiz und der Staatsanwaltschaft verschworen hat, um zu verhindern, dass (Jadue) seine antineoliberalen Politiken fortsetzt.«

Es ist jedenfalls nicht der erste solche Fall. Die Methode wurde in den vergangenen Jahren in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern angewandt, man denke nur an Brasilien oder Peru. Daher hat sich der Begriff dort etabliert und zielt längst auch auf die mediale Berichterstattung ab, die oft mit der Wiedergabe der Vorwürfe dauerhaften Schaden anrichtet, den auch ein Freispruch nicht wiedergutmachen kann.

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