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Aus: Ausgabe vom 06.09.2024, Seite 4 / Inland
Justiz und Palästina-Solidarität

Nichts relativieren

Verfahren in Duisburg eingestellt
Von Henning von Stoltzenberg, Duisburg

Am Donnerstag endete ein Prozess wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung im Zusammenhang mit einer palästinasolidarischen Kundgebung vor dem Amtsgericht in Duisburg-Ruhrort mit der Einstellung des Verfahrens ohne weitere Auflagen und der Kostenübernahme durch die Staatskasse. Einer heute 20jährigen Duisburgerin mit palästinensischen Wurzeln war vorgeworfen worden, auf einer Solidaritätsdemonstration am 23. Oktober 2023 in Duisburg-Hochfeld unter dem Motto »Stoppt die Bombardierung und Blockade von Gaza« ein Schild mit dem Slogan »Don’t do what Hitler did to you« getragen zu haben.

Die Parole sah die Staatsanwaltschaft als strafbar an nach Paragraph 130 Absatz 3 des Strafgesetzbuches, der eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorsieht. Aus Sicht der Behörde handelte es sich um eine Verharmlosung der Verbrechen des Naziregimes. Das Plakat war noch während der Demonstration, an der mehrere hundert Menschen teilnahmen, von der Polizei beschlagnahmt und mit einer Anzeige bedacht worden. Laut schriftlicher Aussage einer Polizeizeugin soll die nun angeklagte Demonstrantin dabei angegeben habe, sie habe nicht gewusst, dass diese Aussage strafbar sein könnte.

Verteidigerin Rina Ajeti argumentierte mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf freie Meinungsäußerung und forderte zu Beginn der Verhandlung einen Freispruch. In einer Prozesserklärung der Angeklagten betonte diese, dass sie die Verbrechen der Nazis nicht habe relativieren wollen. Der Holocaust sei »so furchtbar gewesen, dass sich so etwas nie wieder irgendwo auf der Welt wiederholen dürfe«. Sie habe auf das Leid der palästinensischen Bevölkerung aufmerksam machen wollen, die bombardiert und beschossen werde. Es ginge auch heute darum, nicht wegzuschauen. Ausschlaggebend für das Urteil war laut Richterin auch eine »günstige Sozialprognose«. Die junge Frau arbeitet im sozialen Bereich und beginnt in Kürze ein Studium der Erziehungswissenschaften.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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