»Einiges Russland« vorn
Von Ulrich Heyden, MoskauNach den bisher vorliegenden Wahlergebnissen vom Montag hat die Regierungspartei »Einiges Russland« ihre führende Position in den Regionen ausgebaut. Drei Tage lang konnten die Wahlberechtigten ihre Stimme in 83 Regionen abgeben. Gewählt wurden Gouverneure und Abgeordnete der Regionalparlamente, außerdem fanden Nachwahlen für einzelne Abgeordnete der Duma in Moskau statt. Wladimir Jakuschew, geschäftsführender Sekretär des Parteirates, erklärte, seine Partei habe ihre Rolle als »führende Kraft« behauptet. In 20 von 21 Regionen siegten die Gouverneure von »Einiges Russland«, in den 13 Regionen, in denen Regionalparlamente gewählt wurden, gewann die Regierungspartei ebenfalls.
In Moskau – wo der übergroße Teil der Wähler sich am zuvor propagierten Onlinewahlverfahren beteiligte – entfielen auf »Einiges Russland« 38 der 45 Abgeordnetensitze. Kandidaten der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF) bekamen drei Sitze. In St. Petersburg wurde Gouverneur Alexander Beglow mit 59,8 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Für den Vertreter der KPRF-Abspaltung »Kommunisten Russlands« stimmten acht Prozent. Die Beteiligung lag bei 34 Prozent. Der Leiter des Dumakomitees für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung, Wassili Piskarjow, erklärte, in Moskau und St. Petersburg hätten »extremistische und unerwünschten Organisationen« unter Beteiligung von »ausländischen Agenten« zu provozieren versucht. Genaueres wurde nicht mitgeteilt.
Auch Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow erklärte, aus dem Ausland sei versucht worden, »auf die Wahlen Einfluss zu nehmen«. Man habe aber Maßnahmen getroffen, um die Möglichkeiten der Einflussnahme zu »verengen«. Die Wahlen seien »vorbildlich und transparent« abgelaufen. Die KPRF kritisierte einzelne Vorkommnisse in den Wahllokalen, worauf sich die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, beschwerte, die KPRF informiere ihre Wahlbeobachter nicht richtig, um die Wahlkommissionen »mit Beschwerden einzudecken«.
In Moskau mussten Bürger, die ihre Stimme analog abgeben wollten, bei der Wahlkommission bis zum 2. September einen Stimmzettel beantragen. Aber angeblich soll es für den Wahltag auch eine Ausnahmeregelung gegeben haben. Zumindest publizierte die KPRF ein entsprechendes angebliches Schreiben der Moskauer Wahlkommission vom 7. September. Darin hieß es, dass in Fällen, wo der Wahlberechtigte seinen Stimmzettel nachweislich nicht rechtzeitig beantragen konnte, noch am Wahltag ein Stimmzettel ausgegeben werden kann. Auf dem Telegram-Kanal der KPRF wurden zahlreiche Beschwerden veröffentlicht, dass Wahllokale die Aushändigung von Stimmzetteln am Wahltag in eben diesen Sonderfällen verweigert hätten.
KPRF-Sekretär Sergej Obuchow erklärte dazu – in Anspielung auf die Familienrhetorik des Kreml –, die Kommunistische Partei vertrete auch in bezug auf das Wahlverfahren »traditionelle Werte«. Man müsse die demokratischen Errungenschaften der 1990er, als klare Prinzipien für die Frage der Wahlbeobachter und der Stimmzettel festgelegt wurden, verteidigen, sonst würden sie »Stück für Stück zurückgenommen«. Der Parteivorsitzende Gennadi Sjuganow betonte, seine Partei sei nicht gegen technischen Fortschritt, aber immerhin hätten sich bei einer Umfrage 63 Prozent der Befragten für die Wahl mit Stimmzettel und Wahlurne ausgesprochen.
Zu einem Konflikt um die Wahlbeobachtung kam es auch im Frontgebiet Brjansk, wo es fast täglich zu Beschuss durch ukrainische Drohnen kommt. Der KPRF-Abgeordnete Alexej Kurinny schrieb auf Telegram, Wahlbeobachter seiner Partei seien dort an ihrer Kontrollfunktion gehindert worden. Parteichef Sjuganow wies den Vorwurf, Vertreter der KPRF wollten die Situation in den Wahllokalen im Gebiet Brjansk destabilisieren, als »Unsinn« zurück.
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