»Die Wildkatze wurde durch Bejagung nahezu ausgerottet«
Interview: Ariane MüllerDie Europäische Wildkatze wurde durch den Menschen in Deutschland fast ausgerottet. Noch immer wird sie auf der »Roten Liste« für gefährdete Arten aufgeführt. Wie viele Wildkatzen leben heute in der BRD?
Die Wildkatze ist durch das Bundesnaturschutzgesetz und die europäische FFH-Richtlinie streng geschützt und wird auf der deutschen Roten Liste als »gefährdet« geführt. Ihr Bestand wird inzwischen auf circa 10.000 Individuen geschätzt, die sich jedoch auf zahlreiche kleine, oft isolierte Populationen in den Mittelgebirgszügen in Mittel- und Westdeutschland verteilen, während weite Teile Süd-, Nord- und Ostdeutschlands weitgehend unbesiedelt sind. In Niedersachsen leben derzeit rund 700 bis 800 Tiere, mit Verbreitungsschwerpunkten im Harz, Solling und Weser-Leine-Bergland. Erfreulicherweise konnte der BUND, der sich seit langem im Rahmen verschiedener Projekte intensiv für den Wildkatzenschutz einsetzt, erste vereinzelte Vorkommen im Flachland nachweisen.
Welchen Lebensraum benötigen die Wildkatzen?
Sie sind ausgesprochen scheue und versteckt lebende Waldbewohner, die naturnahe, ruhige und reich strukturierte Mischwälder mit dichtem Unterwuchs und einem hohen Anteil an Alt- und Tothölzern bevorzugen. Hier finden sie neben vielen Versteckmöglichkeiten auch Baumhöhlen oder verlassene Fuchsbauten für die Jungenaufzucht sowie Lichtungen, Waldwiesen und Waldränder mit heckenreichen, gestuften Säumen für die Jagd.
Worin unterscheiden sich Europäische Wildkatzen von Hauskatzen?
Obwohl Hauskatzen nicht von der Europäischen Wildkatze, sondern von der im Nahen Osten lebenden Falbkatze abstammen, können sie sich manchmal zum Verwechseln ähnlich sehen. Wildkatzen haben ein beige-grau getigertes Fell mit einer verwaschenen Zeichnung und einen buschigen Schwanz mit dunklen, klar abgesetzten Ringen in der hinteren Hälfte, der in einer schwarzen, stumpfen Spitze endet. Demgegenüber ist die Musterung bei getigerten Hauskatzen meist kräftig gezeichnet, der Schwanz endet spitz und weist meistens keine scharf abgesetzten Ringe auf. Insbesondere im Winterfell wirken Wildkatzen kompakter und gedrungener als Hauskatzen, ihre Schnauze ist wuchtiger und breiter, der schwarze Aalstrich endet an der Schwanzwurzel. Weitere charakteristische Merkmale sind die hell fleischfarbene Nase und weiße, kräftige Tasthaare.
Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert wurden die Wildkatzen durch den Menschen verfolgt. Was waren die Gründe?
Wie alle Raubtiere hatte auch die ursprünglich in ganz Deutschland weit verbreitete Wildkatze ein schlechtes Image und wurde als vermeintliche Nahrungskonkurrentin durch intensive Bejagung nahezu ausgerottet. Selbst Rehe würden, so ging die Mär, von ihr erbeutet, dabei ernähren sich Wildkatzen vorzugsweise von Mäusen, gelegentlich stehen auch andere Kleinsäuger sowie Frösche, Eidechsen und Kleinvögel auf dem Speiseplan.
Sie haben zuletzt an einem Wildkatzenseminar des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, teilgenommen. Worum ging es bei der Veranstaltung genau?
Im Mittelpunkt des diesjährigen BUND-Aufbauseminars für niedersächsische Wildkatzenbotschafter/innen standen sogenannte Wildtierkorridore. Diese dienen der Vernetzung von Biotopen und ermöglichen es wandernden Tierarten, sich in unserer durch Verkehrswege und Siedlungen stark zerschnittenen Landschaft auszubreiten und neue Lebensräume zu erreichen. Idealerweise sind Wildtierkorridore 50 Meter breit und bestehen im zentralen Bereich aus mehreren Baumreihen, an die sich auf beiden Seiten stufenförmig Hecken- und Krautsäume anschließen.
Mit der Modellierung des »Wildkatzenwegeplans« hat der BUND die fachliche Grundlage für die Vernetzung besiedelter und potentiell geeigneter Waldlebensräume geschaffen und in Kooperation mit verschiedenen Akteuren begonnen, Teilstücke in Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Niedersachsen umzusetzen. Langfristig verfolgt der BUND das ehrgeizige Ziel, 20.000 Kilometer Biotopverbund zu schaffen und so die Überlebenschancen für Wildkatzen und viele andere gefährdete Tierarten zu erhöhen.
Antje Oldenburg ist Umwelt- und Naturschutzaktivistin im Heidekreis
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