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Aus: Ausgabe vom 12.09.2024, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Aufrüstung

Meyer-Werft für Krieg gerettet

Familienunternehmen erhält Milliardenhilfen – aus »militärischen Gründen«
Von Alexander Reich
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Seit sieben Generationen in Familienbesitz: Meyer-Werft in Papenburg, August 2024

Mit 2,6 Milliarden Euro greifen Bund und Land Niedersachsen der Familie Meyer unter die Arme. Sie stellen Bürgschaften aus und kaufen 80 Prozent der Anteile an der Meyer-Werft. Als die Übernahme am Mittwoch in den Haushaltsausschüssen von Bundestag und Landtag endgültig beschlossen wurde, war wieder von Tausenden Arbeitsplätzen die Rede. Aber das Handelsblatt des Tages stellte im Innenteil klar, worum es im Kern geht. Dachzeile: »Wirtschaftskrise«. Überschrift: »Bund rettet Meyer-Werft aus militärischen Gründen«.

Das Familienunternehmen könne »potentiell eine bedeutende Rolle im deutschen militärischen Schiffbau einnehmen«, zitierte das Blatt aus einem als »Verschlusssache« eingestuften Bericht des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Als Grundlage der Entscheidungsfindung wurde den Abgeordneten mitgeteilt, dass Meyer aktuell neue Versorgungsschiffe der Klasse 707 für die Bundeswehr baut. Außerdem sei das Unternehmen auf dem Gelände des Marinearsenals Warnowwerft in Rostock mit der Errichtung einer Kaianlage befasst, die von Bundeswehr und NATO genutzt werden könne.

Der Schiffsbaukonzern aus dem niedersächsischen Papenburg an der Ems ist seit sieben Generationen im Besitz der Familie. Er hat unter anderem die Neptun-Werft in Rostock geschluckt. Weil die Meyers nicht gern Steuern zahlen, überführten sie ihr Eigentum in Familienstiftungen und verlegten den Firmensitz nach Luxemburg, aber Staatshilfen kassierten sie immer: knapp 35 Millionen Euro Direktsubventionen in den 2010er Jahren, und als 2022 Aufträge für Kreuzfahrtschiffe ausblieben, gab es 14 Millionen Euro »Coronahilfe«. Peanuts im Vergleich zu den Milliarden, mit denen die öffentliche Hand sie jetzt rettet. Um Krieg zur See zu führen. Ob die Familie die 80 Prozent ihres Unternehmens eines Tages vom Staat zurückkaufen werde, konnte im Bericht des Finanzministeriums »nicht abschließend prognostiziert werden, da dies maßgeblich vom Sanierungserfolg abhängt«.

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  • Leserbrief von Dr. Kai Merkel aus Wuppertal (12. September 2024 um 10:09 Uhr)
    Wie hier wieder Steuergeld zum Fenster hinausgeworfen wird, für ein Unternehmen, welches in Luxembourg seine Steuern bezahlt und Kreuzfahrtschiffe herstellt. Da hat sich doch bestimmt jemand im Kanzleramt gedacht: Die können bestimmt auch Kanonenboote herstellen. Für sowas sind ja unbegrenzte Mittel vorhanden. Die Beschäftigten werden den verordneten »Sanierungsplan« mit Gehaltskürzungen und Entlassungen bezahlen. Im Gegensatz dazu die Reaktion des »besten Kanzlers aller Zeiten« (sic) Scholz zu VW: man werde zwar beobachten, aber es sei die Sache des Unternehmens, sich um die Krise zu kümmern. VW zahlt Steuern in Deutschland (Niedersachen ist sogar beteiligt). Tja, vielleicht sollte VW darüber nachdenken, zukünftig Panzer zu bauen? Für Krieg und Tod hat die Ampel viel Geld, in den Schulen der Putz von der Decke fällt.
  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (12. September 2024 um 09:23 Uhr)
    Der flotte »Flottenkaiser« Wilhelm II. wäre über diesen Deal höchst erfreut, verkündete er doch bereits im Jahre 1898: »Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser.« Wie sie dann schon bald aussehen sollte, die damalige Zukunft, das müsste doch auch heute noch hierzulande allgemein bekannt sein: Deutschland lag 1918 völlig ruiniert am Boden und das Wasser stand ihm bis zum Hals. – Wollen wir wieder eine solche »Zukunft«?

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