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Aus: Ausgabe vom 19.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
PCK Raffinerie

Mehr Öl für Schwedt

Kasachstan soll PCK-Raffinerie 2025 mit mehr Rohöl versorgen. 70prozentige Auslastung für Politik »komfortabel«
Von Knut Mellenthin
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Die genaue Menge des verarbeiteten Rohöls ist unklar, über PCKs Verlust von Marktanteilen schweigt das Wirtschaftsministerium sich aus

Die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt wurde durch die Sanktionen der Bundesregierung gegen Russland zum Sorgenkind. Statt der jahrelangen zuverlässigen Versorgung des Standorts durch die Druschba-Pipeline mussten zum 1. Januar 2023 fast von einem Tag auf den anderen neue Erdöllieferanten gefunden werden. Zu ihnen gehört auch der zentralasiatische Staat Kasachstan.

Anlässlich des Besuchs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in dessen Hauptstadt Astana teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mit, die deutsche Tochter des russischen Rosneft-Konzerns habe eine Vertragsverlängerung unterzeichnet. Durch diese werde neben der Versorgung der Anlage in Schwedt auch der Betrieb der Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) in Karlsruhe und der Bayernoil-Raffinerie in Vohburg gewährleistet. An beiden Unternehmen ist Rosneft Deutschland ebenfalls beteiligt. Die Tochtergesellschaft des russischen Konzerns steht seit dem 14. September 2022 unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur.

Unter Berufung auf Rosneft-Sprecher Burkhard Woelki berichtete dpa am Montag, Kasachstan werde bis Ende nächsten Jahres monatlich 100.000 Tonnen Rohöl nach Schwedt liefern. In diesem Zusammenhang behauptete die deutsche Nachrichtenagentur, »nach Angaben aus Regierungskreisen« seien 2023 rund eine Million Tonnen kasachisches Rohöl nach Schwedt gepumpt worden, und »für das laufende Jahr seien 1,4 Millionen Tonnen vereinbart«.

Das stimmt aber nicht mit den Zahlen überein, welche die Bundesregierung Anfang August auf eine Anfrage des Brandenburger Landtagsabgeordneten von Die Linke, Christian Görke, mitgeteilt hatte. Dieser Antwort zufolge wurden in Schwedt im vorigen Jahr 720.000 Tonnen Rohöl aus Kasachstan verarbeitet und in der ersten Hälfte des laufenden Jahres 615.000 Tonnen. Hinzu kommen nach offiziellen Angaben rund sieben Millionen Tonnen pro Jahr über den Hafen Rostock und eine unregelmäßig große Menge über das Ölterminal im polnischen Gdańsk.

Schon 2021, noch vor den Sanktionen gegen Russland, war die Verarbeitungskapazität der PCK-Raffinerie, die allgemein mit zwölf Millionen Tonnen im Jahr angegeben wird, nur zu knapp 90 Prozent genutzt worden. Für 2023 wird die Auslastung nach dem abrupten Verzicht auf die russischen Lieferungen offiziell mit 69 Prozent angegeben. Das ist der Jahresdurchschnitt; zeitweise fiel die Auslastung unter 50 Prozent. Für das laufende Jahr wurde sie Anfang August mit durchschnittlich 76,2 Prozent angegeben. Das bedeutet, grob berechnet, dass in Schwedt im vorigen Jahr 2,5 Millionen Tonnen Erdöl weniger verarbeitet wurden als 2021. Für das laufende Jahr ergäbe sich, wenn es bei der gegenwärtigen Auslastung bliebe, immerhin ein Minus von 1,64 Millionen Tonnen.

Das sei völlig unproblematisch und habe keine negativen Auswirkungen auf die Profitabilität des Unternehmens, behauptet das Bundeswirtschaftsministerium. »Entgegen anderslautender Unkenrufe ist die PCK stets gut ausgelastet, alle Lieferanten werden bedient, es gibt keine Ölknappheit und die Arbeitsplätze sind sicher«, zitierte der Nordkurier am 10. September die Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage. Staatssekretär Michael Kellner hatte schon am 15. Dezember 2022 – kurz vor dem Inkrafttreten des Totalverzichts auf russisches Erdöl – eine »komfortable Auslastung von rund 70 Prozent« vorausgesagt.

Was an 70 Prozent oder, wie es aktuell heißt, 76,2 Prozent Auslastung »komfortabel« sein soll, ist mit wirtschaftlichem Denken nicht nachvollziehbar. Mit weniger Erdöl lassen sich auch weniger Verarbeitungsprodukte wie Benzin, Heizöl, Diesel oder Bitumen herstellen. Derzeit zum Beispiel – legt man die offiziell genannten Zahlen zugrunde – 15,2 Prozent weniger als 2021 und im vorigen Jahr sogar 23,2 Prozent weniger. Die PCK-Raffinerie hat als Folge der Sanktionen zweifellos Kunden und Marktanteile verloren, hauptsächlich wohl an den polnischen Konkurrenten Orlen. Aber dazu schweigt das Ministerium immer noch wie ein Grab.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (18. September 2024 um 21:08 Uhr)
    (…) Der kasachische Ölreichtum befindet sich nach wie vor in russischer Hand, ähnlich wie US-Ölkonzerne ihre globalen Interessen vertreten. Schwedt bezieht im Grunde weiterhin russisches Öl, nur mit einem kasachischen Zuschlag, um die Embargos offiziell zu umgehen.

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