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Aus: Ausgabe vom 27.09.2024, Seite 1 / Titel
Grüne Jugend

Bündnis 90/Die Grauen

Kompletter Vorstand der Grünen Jugend zeigt Altvorderen den Stinkefinger und verkündet Rücktritt. »Starke linke Partei« angestrebt
Von Michael Merz
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Und plötzlich war die Jugend weg, Annalena Baerbock und Robert Habeck sehen in der Regierung ganz schön alt aus

Jetzt hat auch die Spitze der Grünen Jugend die Schnauze voll. In der Nacht zum Donnerstag verkündete der komplette Vorstand, er werde der Mutterpartei Bündnis 90/Die Grünen den Rücken kehren. Die zwölf Nachwuchspolitiker wollen nach dem Bundeskongress Mitte Oktober in Leipzig geschlossen den Verband verlassen. »Wir werden uns danach aufmachen, einen neuen, dezidiert linken Jugendverband zu gründen«, so der Vorstand der Grünen Jugend – seit 2001 die offizielle Jugendorganisation der Partei mit etwa 16.000 Mitgliedern in 16 Landesverbänden – in einer Erklärung. Man wolle zu »einer starken linken Partei in Deutschland« beitragen. Am Mittwoch hatte bereits der Bundesvorstand der Grünen mit den Kovorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang seinen Rücktritt für Mitte November angekündigt.

Es ist ein Tritt in den Hintern, den die Jugendlichen ihren Altvorderen verpassen. Das Manifest der Noch-Grünen-Jugend erinnert in seiner Hoffnungslosigkeit an das »No Future« der Endsiebzigerpunks: »Die Lebensmittelpreise steigen, die Mieten explodieren, harte Arbeit erfährt kaum noch Wertschätzung. Wir beobachten mit Sorge, dass viele Menschen gerade den Glauben daran verlieren, dass es irgendwann mal besser werden kann.« Auch ein interner Begleitbrief ans grüne Spitzenpersonal in Berlin, der dpa vorliegt, ist von Verzweiflung gekennzeichnet. Es gebe »keine Mehrheiten« für eine »klassenorientierte Politik«, die »soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt«.

Das Parteiestablishment hat nur Häme für den Schritt der Jugend übrig. »Da wundere ich mich nicht und da weine ich auch nicht«, erklärte die Bundestagsabgeordnete Renate Künast gegenüber dem RBB: Und Kofraktionschefin Katharina Dröge griff im DLF gleich nach den Sternen, ihre Partei habe den Anspruch, eine Aufholjagd zu starten – »und das verbinden wir mit einer Kanzlerkandidatur«. Regierungschef soll ausgerechnet der deplazierteste Wirtschaftsminister aller Zeiten werden, Robert Habeck floskelte am Donnerstag etwas von »ehrlicher Debatte«.

Die Grüne Jugend will sich nun also »mit den Reichen und Mächtigen anlegen«. Der wirtschaftliche Niedergang großer Teile der Bevölkerung, der Vormarsch der Ellbogengesellschaft, die hemmungslose Bereicherung der oberen Zehntausend – unbestritten, das gilt es anzuprangern und zu bekämpfen. Aber was ist mit Krieg und Frieden, der Militarisierung der Gesellschaft? Da bleibt der noch amtierende Vorstand in seiner Erklärung schwammig. Zwar wird das 100 Milliarden Euro schwere »Sondervermögen« für die Bundeswehr als Kritikpunkt erwähnt, aber das war es auch schon. Nichts dazu, dass sich die Grünen seit der Bombardierung Jugoslawiens vor einem Vierteljahrhundert als Kriegspartei etabliert haben oder zu ihrem Konfrontationskurs gegen Russland und China, der seinen Teil zum ökonomischen Absturz beigetragen hat.

Die Linke breitet schon mal die Arme für ein möglicherweise warmes Willkommen aus. Ines Schwerdtner, die Ende August ihre Kandidatur für den Parteivorsitz verlautbart hat, bewertete den Austritt der Grünen-Jugend-Führung als »sehr konsequent« und balzte auf X: »Auch wir sind der Überzeugung, dass es in diesem Land eine linke und sozialistische Kraft braucht, die sich für die Interessen der Menschen einsetzt und arbeiten gern mit allen zusammen, die dieses Ziel teilen.«

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