Kapitalismuskritiker des Tages: Papst Franziskus
Von Felix BartelsWenn der Papst Luxemburg lobt, meint er gewiss nicht Rosa. Zur Stunde weilt Franziskus im zweitkleinsten EU-Land, wo die Welt noch heil ist und die Uhren noch stille stehen. Abgesehen von der Wirtschaft, da liegt die kleine Monarchie ganz vorn. Hier, wo es rückwärts aufwärts geht, dichtete Enzensberger einst über die Bundesrepublik. Wie weit immer das gilt, für Luxemburg gilt es mehr.
Franziskus ist der Kapitalismuskritiker unter den Päpsten. Gern lässt er was Kritisches liegen auf dem Asphalt, den er nach dem Entsteigen des Papamobils zu küssen pflegt. In Luxemburg aber weiß der Mann wieder, auf welche Seite er gehört. Das Land, teilt er den Bewohnern schonungslos mit, zeige die Vorteile der »Integration und Förderung von Migranten gegenüber ihrer Ausgrenzung«. Hübsch gesagt daselbst, wo das BIP pro Kopf so hoch wie nirgends sonst ist auf der Welt und wohin fast ausschließlich Leute ziehen können, die qualifiziert und bereits einigermaßen wohlhabend sind. Wären bloß alle Millionäre, der Kapitalismus könnte sein universelles Glücksversprechen endlich einlösen. Leider sind nicht alle Millionäre. Zumindest außerhalb von Luxemburg.
Auch über den Frieden weiß Franziskus einiges. Er beklagt das Entstehen neuer »Gräben und Feindschaften« in Europa und fordert Kompromisse. Kants weltfremde Idee eines friedvollen Staatenbunds scheint hier durch, unbegriffen bleibt dabei, dass jedes zwischenstaatliche Verhältnis – selbst solche, die in Bündnisform gebracht wurden – konfliktuös unterfüttert wird und dass Kriege nicht einfach aus schlechtem Benehmen folgen, sondern sich unter den Voraussetzungen globaler Konkurrenz unvermeidlich entladen. Das kleine, doch stinkreiche transgallische Dorf dient Franziskus auch in dieser Beziehung als Beispiel, von dem er emsig verschweigt, dass es nicht nachgeahmt werden kann.
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vom 27.09.2024
Die Antwort des Oberhaupts der katholischen Kirche: »Das ist eine Interpretation. Aber ich denke, dass derjenige stärker ist, der die Situation sieht, der an das Volk denkt, der den Mut der weißen Fahne hat, den Mut zu verhandeln. Und heute kann man mit Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort verhandeln ist ein mutiges Wort. Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass die Dinge nicht laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln.«
Auch im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza habe er über die Lage nachgedacht, sagt der Papst. »Verhandlung ist niemals Kapitulation. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen.«