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Aus: Ausgabe vom 27.09.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Friedensaktivist klagt gegen Ministerium

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Mahnwache zum Ukraine-Krieg auf dem Berliner Platz in Witten

Das Verwaltungsgericht Köln verhandelt am 2. Oktober über eine Klage gegen das Bundesministerium der Verteidigung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit seiner Beteiligung am Krieg in der Ukraine. Dazu heißt es seitens der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) in Stuttgart:

Hintergrund der Klage ist ein Antrag des Friedensaktivisten Hermann Theisen (Hirschberg an der Bergstraße) an das Bundesverteidigungsministerium vom 1. Mai 2022, mit dem er als Bürger eine Ausrichtung der »politischen, ministeriellen und behördlichen Tätigkeiten und Entscheidungen im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine nach den Bestimmungen des Friedensgebotes des Grundgesetzes und der UN-Charta« eingefordert hat.

Der Friedensaktivist, der Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen ist, begründete seinen Antrag damit, dass infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukrai­ne eine militärische Eskalationsspirale entstanden sei, an der Deutschland aufgrund von Waffenlieferungen und anderen Unterstützungsleistungen aktiv beteiligt sei. Das verstoße zunehmend gegen die Bestimmungen des Friedensgebotes des Grundgesetzes und der UN-Charta.

In seinem Antrag verwies Theisen auf die friedensfördernden und kriegsächtenden Bestimmungen des Grundgesetzes, die von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes aufgrund der grauenhaften Erfahrungen der beiden Weltkriege überaus prominent in das Grundgesetz aufgenommen worden seien. So solle die Bundesrepublik »zur Wahrung des Friedens« in ein »System gegenseitiger kollektiver Sicherheit« eingebunden werden und gemäß der Präambel des Grundgesetzes solle es explizit darum gehen, »dem Frieden der Welt zu dienen«. In diesem Sinne zielten das Friedensgebot und auch die UN-Charta darauf ab, »den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren«, so der Friedensaktivist. Das Grundgesetz und die UN-Charta verlangten deshalb in Kriegszeiten ein erkennbar friedensförderndes Hinwirken auf eine Beendigung von Kriegshandlungen, »wovon die deutsche Politik seit Beginn des Ukrai­ne-Krieges leider so gut wie nichts zu erkennen« gebe, so Theisen.

Statt dessen sei die Debatte in Deutschland zum Ukraine-Krieg auch fast zweieinhalb Jahre nach Beginn des Krieges noch immer weitestgehend beschränkt auf stereotype Forderungen nach immer weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine, anstatt nach diplomatischen Auswegen aus einer sich zunehmend verselbständigten und immer weniger kontrollierbaren Kriegslogik zu suchen. Vergleichbar einem Dominospiel falle seit Beginn des Ukraine-Krieges ein militärisches Tabu nach dem anderen und würden immer weitere rote Linien überschritten, was zuletzt darin gegipfelt sei, die bisher bestehende Reichweitenbegrenzung beim Einsatz deutscher Waffen im Ukraine-Krieg vollständig zu kippen, um die Waffen auch weit in Russland einsetzen zu können.

Der Friedensaktivist sieht vor diesem Hintergrund ein zunehmend außer Kontrolle geratenes Eskalationsrisiko im Ukraine-Krieg, was auch Deutschland als mögliches Angriffsziel in einem asymmetrischen Krieg ganz unmittelbar bedrohe. (…) Seine Klage verstehe er als einen »Appell an die Bundesregierung zur strikten Einhaltung des Friedensgebotes des Grundgesetzes im Ukraine-Krieg, das sollte das Verwaltungsgericht Köln entsprechend würdigen und der Klage stattgeben, so der Friedensaktivist.«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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