Indonesien exportiert wieder Sand
Von Thomas BergerAls großer Umweltschützer wäre Indonesiens scheidender Präsident Joko Widodo ohnehin nicht in die Geschichtsbücher eingegangen. In dieser Woche wurde nun bekannt, welchen Bärendienst er der Umwelt zum Abschied erweist: Die Regierung hat das seit zwei Jahrzehnten geltende Exportverbot für Sand aufgehoben. Widodo versicherte zwar in einer Erklärung, das sei halb so schlimm wie von Umweltschützern behauptet. Die neue Regelung eröffnet jedoch Interpretationsräume, die Profitmacher für sich zu nutzen wissen werden.
Im Oktober wird Widodo das höchste Staatsamt an seinen bereits gewählten Nachfolger Prabowo Subianto übergeben. Von einer Aufhebung des Exportverbots für Sand spricht er bereits seit Mai 2023. Nun hat das Handelsministerium eine entsprechende Verordnung erlassen, zum 21. Oktober wird das Verbot aufgehoben. Das singapurische Wirtschaftsblatt Business Times schrieb unter Berufung auf indonesische Regierungskreise, 66 Firmen hätten bereits Anträge auf Sandexporte eingereicht. Noch würden diese geprüft, erklärte Doni Ismanto, Sonderberater des Marineministeriums. Die ersten Genehmigungen würden aber wohl bald erteilt werden können.
Umweltschützer laufen seit der ersten Ankündigung Widodos Sturm gegen die Neuregelung, auch wenn der Abbau nur in bestimmten Meeresbereichen mit starker Sedimentation erlaubt werden wird. Für küstennahe Gebiete und die Umgebung kleinerer Inseln soll der Abbau verboten bleiben. Nichtsdestotrotz gefährdeten die erwartbaren Ausfuhrgenehmigungen zahlreiche lokale Gemeinschaften, deren Existenz von der Fischerei und gesunden Ökosystemen abhängig sei, erklärte Susan Herawati, Generalsekretärin der Coalition for Fisheries Justice. Für sie steht Widodos Kehrtwende im Widerspruch zu »den Interessen der Menschen an ökologischer Sicherheit und zur Nachhaltigkeit der traditionellen Fischerei in Indonesien«.
Die Nachrichtenagentur Antara hat die neuen Vorschriften genauer unter die Lupe genommen. Demnach müssen Unternehmen für eine Exportgenehmigung nicht nur eine Bergbaulizenz des Ministeriums für Energie und mineralische Ressourcen vorweisen, sondern auch eine Meeressandsabbauerlaubnis, die vom Marineministerium ausgestellt wird. Die Ausfuhr soll nur mit eindeutigen Herkunftsnachweisen erlaubt werden, damit der Sand nicht aus geschützten Gebieten stammt. Gegner der Neuregelung befürchten nicht ganz zu Unrecht, dass aus Schlampigkeit in den Amtsstuben nicht genau hingeschaut werden wird oder Prüfungsergebnisse im notorisch korrupten Indonesien schlicht käuflich zu erwerben sein werden.
Von einem Schnellschuss der Regierung ohne genauere Risikostudien sprach Ihsan Ro’is von der University of Mataram gegenüber dem Massenblatt Tempo. Laut Ihsan werden die Exporte wie in den Jahren vor 2003 wohl vor allem in den Stadtstaat Singapur gehen. Dieser braucht Meeressand zur Neulandgewinnung, hat sein Territorium bereits von 578 auf 719 Quadratkilometer ausgedehnt. In Indonesien ist, abgesehen von der Bedrohung der Fischerei, völlig unklar, wie sich das Abbaggern von Sand insbesondere auf die kleineren der insgesamt rund 17.000 Inseln auswirken wird. Unzweifelhaft ist das Land in vielerlei Hinsicht ohnehin besonders stark vom Klimawandel betroffen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (26. September 2024 um 22:38 Uhr)Zur Rettung des Ballermanns könnte Mallorco doch Sand aus Indonesien imporieren.
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