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Aus: Ausgabe vom 01.10.2024, Seite 5 / Inland
Logistiktochter Schenker

EVG gegen DB und Bund

Gewerkschaft will in Aufsichtsratssitzung Verkauf der Bahn-Tochter Schenker verhindern. Dafür müsste mindestens GDL mitziehen
Von Susanne Knütter
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Verdi-Gewerkschafter protestieren an DB-Schenker-Standorten gegen Verkaufspläne (Neufahrn bei Freising, 11.9.2024)

Die Deutsche Bahn dürfe nicht länger »als Melkkuh für eine verfehlte Haushaltspolitik des Bundes missbraucht werden«, sagte Martin Burkert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Montag. In der entscheidenden Aufsichtsratssitzung des Bahn-Konzerns diesen Mittwoch will der Chef der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) gegen den Verkauf der DB-Tochter Schenker stimmen. Sollte die EVG weitere Mitglieder des Gremiums von ihrer Position überzeugen, könnte der Verkauf tatsächlich noch gestoppt werden. Allerdings gilt das als unwahrscheinlich. Die Hälfte der 20 Mitglieder des Konzernaufsichtsrats kommt von der Beschäftigtenseite. Da sitzt neben der EVG auch ein leitender Angestellter und ein Vertreter der konkurrierenden Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Ob die GDL gegen den Schenker-Verkauf stimmen wird? Ein Sprecher der GDL erklärte am Montag gegenüber jW: »Die GDL ist hinsichtlich der Frage der Abstimmung bei der am Mittwoch anstehenden Aufsichtsratssitzung/DB Schenker noch im Prozess der Entscheidungsfindung. Konkreter können wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider noch nicht äußern.«

Auf der Kapitalseite sitzen im DB-Aufsichtsrat unter anderem zwei Staatssekretärinnen und drei Bundestagsabgeordnete. Selbst wenn der leitende Angestellte und die GDL bei der Abstimmung ihr »Ja« verweigern und es zum Gleichstand kommen sollte, könnte der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Gatzer mit seinem Doppelstimmrecht die Entscheidung gegen die Vertreter der Beschäftigten durchbringen.

Die Deutsche Bahn hat den Verkauf ihrer Spedition an den dänischen Logistiker DSV am Montag erneut verteidigt. DSV habe das beste Angebot vorgelegt, daher sei man zum Verkauf an die Dänen verpflichtet, teilte der Staatskonzern am Montag mit. Es habe bei den Geboten eine klare Reihenfolge gegeben: »Deswegen durfte die DB ihre Logistiktochter DB Schenker nur an DSV verkaufen.« Ein Gutachten des unterlegenen Bieters, des Private-Equity-Investor CVC Capital Partners, der sein Angebot als besser einstuft, komme zu unzutreffenden Schlussfolgerungen.

Genau den unterlegenen Bieter CVC würde die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bevorzugen, die die Schenker-Beschäftigten vertritt, aber nicht im Konzernaufsichtsrat sitzt. Hauptgrund: Sie erhofft sich dadurch mehr Sicherheit für die Arbeitsplätze. Die EVG argumentiert einerseits, dass es keine Garantien dafür gebe, dass der Verkaufserlös von gut 14 Milliarden Euro tatsächlich für die Reduzierung der Konzernschulden eingesetzt wird. Burkert befürchtet demnach, dass die Milliarden am Ende für Investitionen in das Schienennetz genutzt werden – dafür sei jedoch der Bund zuständig. Andererseits habe Schenker über Jahre mit seinen Gewinnen zu einem »einigermaßen erträglichen Jahresabschluss« der Bahn beigetragen. »Politik und Bahnvorstand wollen das Verscherbeln von Tafelsilber als Strategie verkaufen«, kritisierte Burkert. Der Deal schade »dem Wirtschaftsstandort Deutschland«, Wertschöpfung und Arbeitsplätze gingen verloren.

Mit der Übernahme sind auf jeden Fall Stellenstreichungen verbunden. Offen ist nur, wie viele. Bahn und DSV hatten laut DB vereinbart, dass die Arbeitsplätze für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Abschluss des Verkaufs geschützt sind. Danach war zunächst geplant, dass DSV 1.600 bis 1.900 Stellen in Deutschland streicht, vor allem in der Verwaltung. Ein Kürzungsprogramm mit dem Abbau von rund 800 Stellen bei Schenker läuft bereits. Vergangenen Donnerstag berichtete die FAZ, durch den Einstieg von DSV bei Schenker kämen zu den Plänen der Bahn »700 bis 1.100« zusätzliche Streichungen dazu.

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