Guatemalas Oktober
Von Thorben Austen, QuetzaltenangoVor einem Jahr stand Guatemala still: Nach dem überraschenden Wahlsieg des Sozialdemokraten Bernardo Arévalo im August hatten die herrschenden Kreise um den sogenannten Pakt der Korrupten verschiedene juristische und politische Angriffe gestartet, um seinen Amtsantritt zu verhindern. Dagegen blockierte die indigene Selbstverwaltungsstruktur »48 Kantone« am 2. Oktober die Interamericana am Verkehrsknotenpunkt Cuatro Caminos.
In den Folgetagen weitete sich der Protest aus. Der Staat war weitgehend machtlos. Wenige Tage nach Beginn des Widerstandes schickte das Innenministerium Spezialeinheiten der Polizei Richtung Cuatro Caminos. Doch sie kamen nicht einmal bis in die Nähe. Anwohner umliegender Dörfer verstopften alle Zufahrtstraßen, die Spezialeinheiten mussten wieder abziehen. »Unser Warnsystem hat gut funktioniert«, erklärte ein Vertreter der »48 Kantone« wenige Tage später im jW-Interview. Getragen wurde der Protest vor allem von den einfachen Menschen des Landes. In der Hauptstadt blockierten Einwohner des armen Viertels Bethania wochenlang die Ringstraße, wo sonst Kolonnen von Lkw Waren transportieren. Marktverkäufer brachten Lebensmittel zu den Blockierern, Inhaber kleiner Restaurants spendierten Mittagessen. An den Blockadepunkten wurde über Rassismus und ein plurinationales Guatemala diskutiert.
Als die Situation Ende des Monats zu eskalieren drohte und die Versorgung schwierig wurde, wurden die Blockadepunkte nach demokratischen Entscheidungen der Menschen vor Ort Schritt für Schritt aufgelöst. Das Widerstandscamp vor der Staatsanwaltschaft blieb bis zur Amtseinführung Arévalos am 14. Januar. Sozialpolitisch hat sich seitdem wenig geändert. Alles ist wie immer, nur teurer, sagen viele. Im Konflikt um die korrupte Staatsanwaltschaft konnte Arévalo bisher nichts ausrichten, die Anwälte sitzen weiter auf ihren Posten. Und wenn sich ihnen eine Chance bietet, seine Amtszeit vorzeitig zu beenden, werden sie diese nutzen.
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