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Aus: Ausgabe vom 02.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Im Kriege vereint

Israels Offensive gegen Libanon
Von Knut Mellenthin
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Noch bevor Israel den Beginn seiner Bodenoffensive im Libanon offiziell bekanntgab, hatten die Führer aller relevanten Oppositionsparteien des Landes – mit Ausnahme der arabischen – schon laut »Angriff!« geschrien. Nicht alle waren dabei so weit gegangen wie der Chef von Jisrael Beitenu, Avigdor Lieberman, der sich von den Faschisten in der Regierungskoalition hauptsächlich darin unterscheidet, dass er im Umgang mit der Religion für Liberalität eintritt. Lieberman verbreitet ein Video, in dem er dazu aufruft, die libanesischen Dörfer und Städte in Grenznähe »plattzumachen«, weil sie »voller Minen und Tunnel« seien. Unbeteiligte gebe es dort ohnehin nicht mehr, zurückgeblieben seien nur Hisbollah-Mitglieder.

Das ist hart und deutlich. Aber wie groß ist wirklich der Unterschied zu Jair Golan, der am Wochenende in Fernsehbegleitung den grenznahen Kibbuz Kfar Giladi besuchte, in dem vor dem Krieg knapp 700 Menschen lebten? Bei seinem politisch kalkulierten Auftritt wies Golan auf ein höhergelegenes libanesisches Dorf und verkündete, dass die israelischen Streitkräfte es erobern müssten, »damit keine direkte Feuerlinie mehr besteht«. Kurz darauf forderte Golan in einem Interview mit dem Radiosender des israelischen Militärs: »Eine Bodeninvasion in den Libanon ist nötig, um sicherzustellen, dass es keine Hisbollah-Präsenz südlich des Flusses Litani gibt.« Der ist rund 30 Kilometer von der israelischen Nordgrenze entfernt. Eine bis zum Litani reichende »Sicherheitszone« ist aktuell das offiziell priorisierte Kriegsziel.

Jair Golan ist Chef und Sprecher von Die Demokraten, eines gerade erst Ende Juni vollzogenen Zusammenschlusses der traditionellen Arbeitspartei, die bis in die 1970er Jahre die stärkste Kraft im israelischen Parteiensystem war und inzwischen völlig heruntergewirtschaftet ist, mit der Meretz, dem Sammelbecken der israelischen Linken.

Dass Oppositionspolitiker wie der frühere Generalstabschef Benjamin Gantz mit seiner Partei Nationale Einheit und der vermutlich nur noch momentan parteilose Naftali Bennett – Regierungschef zwischen Juni 2021 und Juni 2022 – fürs beherzte Draufschlagen im Libanon sind, ist selbstverständlich. Auch Jair Lapid, Führer der als liberal geltenden Partei Jesch Atid, zieht mit und erhebt nur seine gewohnte Forderung, die Regierung solle bitte ihre Kriegsziele öffentlich definieren. Aber dass Israel das niemals tut, gehört seit der Gründung des Staates 1948 zu dessen Erfolgsrezepten. Ein weiterer Oppositionspolitiker, Gideon Saar von der Partei Neue Hoffnung, ist am Sonntag ins Kriegskabinett eingetreten und holzt gerade gegen die anderen Oppositionspolitiker, als wäre er nie einer von ihnen gewesen.

Seit einem Jahr führt Israel einen expandierenden Regionalkrieg. Mit Zustimmung der Opposition wird gerade das nächste Jahr drangehängt.

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