Plötzlich umgarnt Milei China
Von Frederic SchnattererAuch wenn die Mercosur-Staaten durchaus ein Interesse daran haben, das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union abzuschließen: Auf Europa angewiesen sind sie schon lange nicht mehr. Es gibt andere Handelspartner, etwa China. Das machte zuletzt wieder der Fall Argentinien in all seiner Widersprüchlichkeit deutlich.
Ende September erklärte der argentinische Präsident Javier Milei in einem Interview, er sei »sehr positiv überrascht« von China. »Es ist ein sehr interessanter Handelspartner, denn sie verlangen nichts von dir, sie wollen nur nicht gestört werden.« Zudem kündigte Milei an, anlässlich des Gipfeltreffens der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) mit China im Januar nach Beijing reisen zu wollen.
Noch vor kurzem hatte sich Milei vor allem damit hervorgetan, die in China regierende Kommunistische Partei aufs übelste zu beschimpfen. So bezeichnete er die Machthaber in Beijing vor seinem Wahlsieg im November des vergangenen Jahres als »mörderische Kommunisten«. Den Handel mit der Volksrepublik, so Milei weiter, wolle er »abbrechen«. Eine seiner ersten außenpolitischen Handlungen nach dem Amtsantritt am 10. Dezember 2023 bestand darin, den geplanten Beitritt Argentiniens in die BRICS-Gruppe abzusagen.
Bereits vor einem Jahr hätte jedem ernstzunehmenden Beobachter klar sein können, dass Mileis Ankündigungen nicht viel mehr als heiße Luft waren. Viel zu bedeutend ist die Rolle Chinas für die Wirtschaft des gebeutelten Landes. Die Volksrepublik ist nach Brasilien der zweitwichtigste Handelspartner Argentiniens. 2022 betrug das Gesamthandelsvolumen mit China 25,42 Milliarden US-Dollar. Die meisten argentinischen Importe kamen aus China, bei den Exporten stand das Land sogar an erster Stelle. In diesem Jahr, so berichtet die spanische Tageszeitung El País, gingen 8,8 Prozent der argentinischen Exporte nach China, 17,1 Prozent der Einfuhren kamen aus der Volksrepublik.
Hintergrund der Charmeoffensive sind die wachsenden Schwierigkeiten, mit denen sich die argentinische Regierung in ihrem Wirtschaftskurs konfrontiert sieht. Einerseits benötigt sie Devisen; dabei präsentierte China in der Vergangenheit mit dem Swap-Deal eine gute Alternative zu westlichen Geldgebern. Letztlich bleibt Milei aber auch keine Wahl: 75 Prozent der Bruttoreserven der argentinischen Zentralbank sind durch die Swap-Vereinbarung mit China gebunden. Um die fälligen Tranchen des 2018 aufgenommenen Rekordkredits des Landes beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 57 Milliarden US-Dollar zurückzahlen zu können, muss das Geschäft mit der Volksrepublik weitergehen.
Andererseits stocken die Anstrengungen, Investoren nach Argentinien zu locken. Während die zahlreichen Auslandsreisen von Milei in die USA und nach Europa bisher höchstens überschaubare Wirkung gezeigt haben, hofft der argentinische Präsident nun wohl vermehrt auf Hilfe aus Beijing. Beispielsweise für die Wiederaufnahme des Baus zweier Wasserkraftwerke in der Provinz Santa Cruz, wie El País berichtet. Auch die Investitionen in den Lithiumbergbau stocken derzeit.
in Zukunft in großem Stile Flüssigerdgas zu exportieren, sucht Buenos Aires so verzweifelt nach Partnern, dass mittlerweile selbst chinesische Unternehmen in Betracht gezogen werden. Ursprünglich war vorgesehen, das Megaprojekt »Argentina LNG« gemeinsam mit dem malaysischen Konzern Petronas zu realisieren. In den letzten Wochen verhärteten sich jedoch die Gerüchte, dass das Unternehmen sich aus dem 30 Milliarden US-Dollar schweren Projekt zurückzuziehen gedenkt.
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