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Aus: Ausgabe vom 12.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Tata Group

Staatsbegräbnis für Industriemogul

Früherer Chef des Tata-Imperiums gestorben
Von Thomas Berger
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Wie ein Staatsmann ist der Großindustrielle Ratan Naval Tata am Freitag in Mumbai beerdigt worden. Der frühere Chef der Tata Group, eines der beiden ältesten Familienunternehmen der indischen Wirtschaft, war am Mittwoch mit 86 Jahren gestorben. Unter seiner Ägide ist der Konzern seit 1990 zum weltweiten Mischkonzern aufgestiegen.

In seiner Heimatstadt Mumbai wehten am Donnerstag die Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf halbmast. Und seither überschlagen sich die einheimischen Medien mit Nachrufen und Rückschauen auf den Multimilliardär. Von einem »Giganten« des indischen Wirtschaftslebens ist die Rede, der Verstorbene sei ein »Visionär«, der mit seiner Persönlichkeit und seinen weitreichenden philanthropischen Aktivitäten ein Vorbild für andere gewesen sei. Selbst indische Gewerkschaftsführer lassen sich dieser Tage mit den Worten zitieren, Ratan Tata sei ihnen stets auf Augenhöhe begegnet, habe ihre Probleme ernst genommen und sich lösungsorientiert gezeigt. Der 1937 noch ein Jahrzehnt vor der indischen Unabhängigkeit Geborene gehörte zu den Unternehmenslenkern vom alten Schlag: Einerseits mit Profit- und Erweiterungsstreben fest verankert in der kapitalistischen Welt, habe Ratan Tata, den viele wegen seines bescheidenen Auftretens schätzten, auch die Gesellschaft als Ganzes im Blick gehabt.

Tata ist ein Name, der einem bereits beim morgendlichen Tee begegnen kann. Wer telefoniert, macht das mit großer Wahrscheinlichkeit über das Telekommunikationsnetzwerk von Tata Communications. Auch auf der Straße ist das Tata-Logo an zahlreichen Karosserien zu sehen. Das Tata-Imperium umfasst Stahlindustrie und Energieversorgung. 2021 haben die Tata-Söhne die nationale Fluglinie Air India übernommen. In der Hotelbranche ist Tata eine feste Größe, und nun will Tata Electronics auch in die Chipproduktion vordringen.

Gegründet hatte die Firma Jamsetji Nusserwanji Tata (1839–1904) im Jahr 1868. Wie etliche der Unternehmer vor rund 150 Jahren gehörte er zu den Parsen. Viele Angehörige der zoroastrischen Minderheit waren damals vor der Verfolgung in ihrer Urheimat Persien auf den Subkontinent geflohen, wo die Parsen bis heute vor allem in Mumbai und Gujarat die Wirtschaft mitdominieren. Aus einem Handelsunternehmen wurde bald einer der größten indischen Textilhersteller. Ratan Tatas Urgroßvater gründete 1903 das Taj-Mahal-Hotel und hatte die Stahlbranche im Visier, die heute eine der wichtigsten Stützen des Gesamtkonzerns ist. Seit der Übernahme der Corus Group im Jahr 2007 ist Tata Steel der fünftgrößte Stahlproduzent weltweit.

Ratan Tata hatte die Führung des Konzerns 1990, ein Jahr vor der großen Liberalisierung der indischen Wirtschaft, übernommen. Unter seiner Regie expandierte das schon breit aufgestellte Imperium weiter – gerade auch durch Übernahmen jenseits des heimischen Marktes. 2000 wurde Tetley gekauft, die größte Teefirma in Großbritannien und Kanada, 2008 folgte die Einverleibung der Autonobelmarken Jaguar und Land Rover. Es war im selben Jahr, dass die Tochterfirma Tata Motor ihr Billigauto Nano vorstellte. Zu dessen Produktion sollte in Singur im Unionsstaat Westbengalen ein Werk aus dem Boden gestampft werden. Der Umgang mit den harschen Protesten dagegen war seinerzeit der letzte große Sargnagel für die Linksregierung in dem nordöstlichen Unionsstaat, die kurz darauf nach 33 Jahren abgewählt wurde. Ratan Tata hatte die Fabrik aufgrund des Widerstands kurzerhand nach Gujarat verlegt, wo der heutige Premier Narendra Modi damals Chefminister war.

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