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Aus: Ausgabe vom 16.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Kapital gegen Regierung

Deutsche Wirtschaft auf der Verliererstraße
Von Sebastian Edinger
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Kaum eine Woche ist es her, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) mit der Herbstprognose verkünden musste, dass die deutsche Wirtschaft auch im laufenden Jahr weiter schrumpft. Schon trudeln die nächsten Hiobsbotschaften ein: Das Image des Wirtschaftsstandorts BRD sackt weiter in den Keller, die Zahl der Insolvenzen nimmt rasant zu, und die Energiepreise könnten bald weiter steigen. Gut, zumindest das mit den Insolvenzen könnte harmlos sein, fragt man den Wirtschafts­experten Habeck. Vielleicht hören die betroffenen Firmen ja einfach nur auf zu produzieren.

Der Reihe nach: Am Dienstag hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer eine Umfrage unter internationalen Unternehmen veröffentlicht, laut der 51 Prozent der Auffassung sind, das Image des hiesigen Standorts habe sich in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert. Bloß 20 Prozent haben eine Verbesserung beobachtet. So weit, so erwartbar angesichts voranschreitender Deindustrialisierung, verfallender Infrastruktur und ausufernder Bürokratie. Interessant ist, dass neben chinesischen insbesondere US-amerikanische Investoren den Standort meiden. Schließlich ist die Ampelpolitik sehr weitgehend auf US-Interessen ausgerichtet. Daraus folgen jedoch horrende Energiepreise und Lieferengpässe, so dass das US-Kapital dann doch lieber zu Hause bleibt.

Dass die Zahl der Firmenpleiten alle Erwartungen übertrifft, hat am selben Tag der Kreditversicherer Allianz Trade mit einer Studie dargelegt. Demnach dürfte die Zahl der Insolvenzen im laufenden Jahr vom bereits hohen Vorjahresniveau um 25 Prozent auf rund 22.200 Pleiten ansteigen. Besserung ist nicht in Sicht, für 2025 werden sogar 23.000 Insolvenzen erwartet. Auch global nimmt die Zahl der Pleiten zu. Allerdings weit unterhalb des deutschen Niveaus um elf Prozent in diesem und zwei Prozent im kommenden Jahr. In Europa sind laut der Studie durch die Insolvenzwelle 1,6 Millionen Jobs gefährdet. Schließlich sei vor allem bei den »Großinsolvenzen« ein »neues Rekordniveau« erreicht worden.

Vor weiter steigenden Energiepreisen – und damit einer noch rasanteren Deindustrialisierung – warnte derweil der Chef des Industriellenverbands BDI, Siegfried Russwurm. Diese könnten sich aus dem Netzausbau ergeben. Um die Kapitalflucht zu bremsen, plädiert er für zusätzliche Investitionen in Höhe von 1,4 Billionen Euro. Schon witzig, die Statements der Verbände lesen sich immer häufiger so, als ginge es nicht mehr »Arbeit gegen Kapital«, sondern »Wirtschaft gegen Regierung«. Doch der Staat soll nur die Risikoinvestitionen übernehmen, Profitträchtiges wird Privaten überlassen. Auch die Leier von zu hohen Unternehmenssteuern und Demographiekrise fehlte nicht, so dass doch noch deutlich wurde, auf wessen Interessen bei der geforderten Abkehr von der zerstörerischen Ampelwirtschaftspolitik das Augenmerk zu legen ist.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (16. Oktober 2024 um 11:34 Uhr)
    Das neoliberale Credo lautet doch eigentlich, der Staat verstünde nichts von der Wirtschaft und möge sich gefälligst aus ihr heraushalten. Das predigt man ja auch heute noch außerordentlich intensiv, wenn es um die Privatisierung von Bahn oder sonstiger Infrastruktur geht. Kaum geht es aber dieser so perfekten Privatwirtschaft dreckig, ruft sie nach mehr »Ermöglichung, Beschleunigung, Aufgeschlossenheit für Technologie, Chancenorientierung für Innovationen«. Wie denn, ist das nicht dasselbe Argument, mit dem sie immer die Notwendigkeit der Unabhängigkeit der Privatwirtschaft vom Staat beschwört? Und sind staatliche Eingriffe in die Wirtschaft nicht eigentlich ausgemachtes Teufelswerk? Vor allem dann, wenn sie sich anderswo, zum Beispiel in China, abspielen.
  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (16. Oktober 2024 um 09:37 Uhr)
    Wer wollte da doch nochmal wen ruinieren? Aber das macht fast gar nichts. Hauptsache, wir sind nun endlich unabhängig von dem bösen Russen und jetzt auch Passagier auf der wertegeleiteten transatlantischen Titanic.

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