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Aus: Ausgabe vom 16.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Ernährungsberater des Tages: Keir Starmer

Von Felix Bartels
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Immer rein in die Olga!

Vorhang eins. Der Junior posiert vorm Glas der Balkon­tür, jedes zweite Wort ist »Massephase«, mühevoll zwingt er sich den dritten Teller Pasta rein. Als ich Keir Starmers Fettspritze erwähne, ist der Schlacks im Hype. Was für eine Aussicht: Zunehmen ohne Völlegefühl. Ich bringe nicht übers Herz, das Missverständnis zu korrigieren.

Vorhang zwei. Marx greift zur Feder: Kein Wunder, dass »der Kaffer den Reichtum eines Mannes nach seinem Fettwanst schätzt. Die Kaffern sind grundgescheute Kerle, denn während der offizielle britische Gesundheitsbericht von 1864 den Mangel eines großen Teils der Arbeiterklasse an fettbildenden Substanzen beklagt, machte ein Dr. Harvey … Puff-Rezepte, die der Bourgeoisie und Aristokratie Fettüberflusseslast abzutreiben versprachen«. Schriebs in London, 20 schlankmachende Fußminuten von Starmers Downing Street, 157 Jahre zu früh aber.

Vorhang drei. Marx und der Junior können den Premier nicht leiden. »Keir Starver«, spotten sie am Küchentisch, während sie sich den dreizehnten Twinkie teilen. Starmer hat vorgeschlagen, übergewichtigen Arbeitslosen eine Abnehmspritze zu spendieren. Hungernde Arbeiterklasse, die in Gestalt übergewichtiger Langzeitarbeitsloser auftritt, weil eben das die Form heutiger Mangelernährung ist, soll auf die Weise in den Arbeitsmarkt zurückgeführt werden. Nicht frustrierende Arbeitslosigkeit als Ursache schlechter Ernährung, umgekehrt. Und einmal mehr sind die Ärmsten, Schwächsten, Labilsten gefordert, ein Problem zu lösen, das sie nicht verursacht haben, sondern bloß ausbaden müssen.

Statistik sagt übrigens, dass die Spritze kurzfristig Erfolge zeitigt. Nach Absetzung kehrt Fettleibigkeit zurück. So müsste sie langfristig genommen werden – bei den nach wie vor unklaren Nebenwirkungen des noch kaum erprobten Präparats auch nicht eben der humanste Gedanke. Pauper als Probanden.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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