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Aus: Ausgabe vom 18.10.2024, Seite 1 / Titel
Ukraine-Krieg

Blechtrommel in Brüssel

Ukrainischer Präsident auf EU-Gipfel und bei NATO-Verteidigungsministern: Lauwarmer Beifall für »Siegesplan« und »Frieden durch Drohungen«
Von Arnold Schölzel
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Dem Kiewer Trommeltakt wollten in Brüssel beim EU-Gipfel nur wenige folgen

Laute monotone Geräusche und starke Taktvorgabe – so wirkt die »Blechtrommel« bei Günter Grass. Beim ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij funktioniert es umgekehrt: Viel Monotonie und schwache Wirkung bei leichtem Erschrecken in maßgeblichen Hauptstädten. Das zeigte sich erneut beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag. Selenskij hatte dort um Unterstützung für seinen fünf Punkte umfassenden »Siegesplan« geworben. Die Reaktion war überwiegend nichtssagend, aber unisono garniert mit Treueschwüren. Selenskij trumpfte dort u. a. damit auf, sein Ansatz sei ein »Frieden durch Drohungen«. Daher sollten Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA dafür sorgen, dass in der Ukraine weitreichende Artillerie und Raketen stationiert werden. Damit könne sie Russland in »echte Diplomatie« zwingen. Den Partnern im Westen, von deren Willen die Verwirklichung seines Plans abhänge, bot er die Nutzung strategischer Rohstoffe aus der ­Ukraine an. An der Spitze der fünf Punkte stehen eine schnelle Einladung zur NATO-Mitgliedschaft und die Aufhebung von Beschränkungen beim Beschuss Russlands. Beides wird von den meisten EU- und NATO-Staaten nicht unterstützt. Außerdem will Selenskij »den Krieg auf das Gebiet Russlands zurückbringen, damit die Russen wirklich spüren, was Krieg heißt«.

Nach dem Treffen wurde der ­ukrainische Präsident auf einer Pressekonferenz u. a. nach der Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gefragt. Antwort: »Wir brauchen seine Langstreckenwaffen.« Deutschland müsse »den Willen zur Unterstützung« der Ukraine beweisen. Scholz könne solche Waffen ja liefern, aber ohne Erlaubnis, sie gegen Ziele in Russland einzusetzen. »Olaf« sage aber nicht nein und nicht ja. Dabei habe die Ukraine mit weitreichenden Waffen auf der Krim bereits 23 russische Kriegsschiffe zerstört. Selenskij bot Westeuropa zugleich an, nach dem Krieg »kampferfahrene« ukrainische Soldaten an Stelle von US-amerikanischen zu stationieren. Die US-Soldaten könnten dann etwa im Pazifik aktiv werden.

Scholz machte vor Journalisten beim Eintreffen im Sitzungsgebäude deutlich, dass er nicht von seinen bisherigen Positionen abzurücken gedenkt: »Sie kennen die Haltung Deutschlands in den Fragen, die da berührt sind. Daran wird sich auch nichts ändern.« Ähnliches berichtete dpa aus den USA. Auf Selenskijs Seite stehen skandinavische und osteuropäische EU- und NATO-Mitglieder.

Aus Russland hieß es bereits am Mittwoch, Selenskijs Plan erkläre in keinem Punkt, wie er den Konflikt lösen wolle, sondern versuche, die westlichen Verbündeten noch tiefer in den Krieg hineinzuziehen. Der ukrainische Präsident hatte sein Konzept bereits Ende September in Washington und in der vergangenen Woche in Rom, Paris und London hinter verschlossenen Türen vorgestellt. Am Mittwoch hatte er es im ukrainischen Parlament präsentiert, wo es auf Kritik der Opposition stieß. Die New York Times zitierte den Abgeordneten der Fraktion Europäische Solidarität Olexij Gontscharenko, der den »Siegesplan« als »sehr unrealistisch« bezeichnete und auf Telegram schrieb: »Dem Plan zufolge soll wohl irgend jemand alles für uns erledigen.«

Selenskij wollte nach seinem Besuch beim EU-Gipfel in Brüssel die Verteidigungsminister der NATO-Länder treffen, die sich am Donnerstag für zwei Tage ebenfalls in Brüssel trafen. Die Sitzung dauerte bei jW-Redaktionsschluss an.

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