Sauberkeit ist wenig wert
Von Gudrun GieseIm Gebäudereinigerhandwerk bahnt sich eine längere Tarifrunde an. Denn der Bundesinnungsverband dieses Bereichs präsentierte nun ein Angebot, das deutliche Kritik bei der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) auslöste.
Aus Sicht der Unternehmensvertreter sollen die Beschäftigten der Branche mit Entgelterhöhungen von 3,7 Prozent zum 1. Januar 2025 und 2,5 Prozent ein Jahr darauf über die Runden kommen. Das sei realitätsfern und respektlos, kommentierte Ulrike Laux von der IG BAU die Offerte am Donnerstag. Die Unternehmen im Gebäudereinigungshandwerk »haben den Kontakt zur Lebenswirklichkeit ihrer Beschäftigten komplett verloren«, anders sei die angebotene Minierhöhung nicht erklärbar. Dieses Angebot würde für die unterste Lohngruppe das Stundenentgelt um zunächst 50 Cent auf 14 und im zweiten Schritt auf 14,35 Euro erhöhen. Damit würden die vielen Preissteigerungen der zurückliegenden Jahre bei Lebensmitteln, Mieten, Energie und anderem mehr überhaupt nicht ausgeglichen. Und es sei mit weiteren Preissteigerungen bis 2026 zu rechnen, so Laux. Die IG BAU fordert einheitlich für alle Lohngruppen drei Euro mehr pro Stunde, was für die unterste Gruppe 16,50 Euro bedeuten würde. Außerdem solle es für Gewerkschaftsmitglieder ein 13. Monatsgehalt geben, was die Innungsvertreter allerdings ablehnten. Mitte November soll in der nächsten Runde verhandelt werden.
Es fehle offenkundig immer noch an Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten dieser Branche, deren Arbeit doch gerade während der Coronapandemie an Bedeutung gewonnen hätte, weil Hygiene plötzlich sehr wichtig geworden sei, rief Laux in Erinnerung. Bis heute sei die Gebäudereinigung ein bedeutender und wachsender Wirtschaftsfaktor. Gleichwohl gehöre sie zu den »ganz wenigen Branchen, in denen bis heute kein Cent Inflationsausgleichsprämie gezahlt wurde«. Auch ein 13. Monatsgehalt sei in vielen Sektoren üblich, würde den Beschäftigten in der Gebäudereinigung aber hartnäckig verweigert. Und das bei einem Jahresbranchenumsatz von mehr als 26 Milliarden Euro. Viele der rund 700.000 Beschäftigten – 500.000 davon sind weiblich – erhalten ohnehin nur den Branchenmindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde bzw. 16,70 Euro für Glas- und Fassadenreiniger.
Dass neben mieser Bezahlung auch noch schlechte Arbeitsbedingungen bei einer Firma der Branche gang und gäbe sind, verdeutlichten die IG BAU Rheinland und der DGB Düsseldorf am vergangenen Montag mit einer gemeinsamen Aktion am Flughafen Düsseldorf. Die dort für die Flugzeugreinigung zuständige Firma Crombeen halte sich nicht an den allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag und biete den Beschäftigten keine Umkleideräume, nur einen winzigen Pausenraum sowie lediglich eine Frauentoilette. Die männlichen Beschäftigten müssten öffentliche WCs aufsuchen. Statt der im Rahmentarifvertrag vorgesehenen 30 Urlaubstage erhielten die Mitarbeiter nur 24. Sonntagsarbeit werde nicht mit den dort vorgesehenen 80, sondern nur mit 50 Prozent Zuschlag vergütet.
»Die Flugzeugreinigung ist ein anstrengender und stressiger Job«, erklärte Mahir Sahin von der IG BAU Rheinland. Die niederländische Firma Crombeen müsse die Branchenstandards einhalten. Die Gewerkschaft werde jedenfalls die Beschäftigten über ihre Rechte informieren und gegen die Zustände bei Crombeen protestieren, bis sich die Bedingungen verbesserten. »Alle Reinigungsfirmen, die am Düsseldorfer Flughafen aktiv sind, müssen sich zu gemeinsamen Standards bekennen«, ergänzte Sigrid Wolf, Vorsitzende des DGB Düsseldorf.
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