Jetzt bist du dran!
Gegründet 1947 Sa. / So., 26. / 27. Oktober 2024, Nr. 250
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
Jetzt bist du dran! Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran!
Aus: Ausgabe vom 26.10.2024, Seite 11 / Feuilleton

Versteckspiel im steinernen Wald

Von Andreas Paul

Eins, zwei, drei, vier Eckstein

Alles soll versteckt sein

Noch ist keiner angebrannt

Heb den Kopf jetzt von der Wand

*

Wenn Clara Mosch und Kati Witt zusammen

Ein freches Bild aufnimmt, das klebt an Türen

Man holt sich Waschzwang ein in Katis Küren

Und desolater wird’s, woher wir stammen.

*

Wobei Karl-Marx-Stadt eben immer noch

An seiner Blüte kränkelt. Und man weiß

Ein wenig Schauder macht Touristen heiß

Die gruseln sich vorm Kommunistenjoch.

*

Carlfriedrich Claus, im Roten Turm versteckt

Musik von AG Geige und kein Ende

Die Perspektive braucht Distanz und Wende-

Spezifisch viel vom Leim, der Bürger neckt.

*

Eins, zwei, drei, vier Eckstein

Alles soll versteckt sein

Noch ist keiner angebrannt

Heb den Kopf jetzt von der Wand

*

Im steinernen Wald verbergen sich ruhlose Schatten

Die tanzen und ducken sich jählings dem, der sie begeht

Man hört nur den Wind, der das Pfeifen der Kinder verweht

Nachts ist es gefährlich hier mitten im Spielplatz, dem glatten.

*

Mit Kettensägen kommt man dem nicht an

Fast dreihundert Millionen Jahre alt

Sind die Fossilien im versteinerten Wald

In dem man sich so gut verstecken kann

*

»Gruß aus Karl-Marx-Stadt!«, alter Ansichtskarten

Morbider Charme; gesammelt und versandt

In einem grad nicht auffindbaren Land

Man sollte das im Hauptstadtjahr erwarten

*

Die Stadt war ihres Werkzeugbaus anheim

Trotz Reparation und Krieg. Die Industrie

Entwickelte sich planmäßig. Sonst nie

Gesehne Dinge kamen hier zu Schein.

*

Eins, zwei, drei, vier Eckstein

Alles soll versteckt sein

Noch ist keiner angebrannt

Heb den Kopf jetzt von der Wand

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Mehr aus: Feuilleton