Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 26.10.2024, Seite 15 / Geschichte
Naher Osten

Neutrales Königreich

Vor 30 Jahren schlossen Israel und Jordanien ein Friedensabkommen
Von Knut Mellenthin
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Jitzchak Rabin und Hussein bin Talal, damals König von Jordanien, in der Mitte Bill Clinton

Als zweites arabisches Land nach Ägypten ließ Jordanien sich auf einen Friedensvertrag mit Israel ein. Am 26. Oktober 1994, vor genau 30 Jahren, wurde das Abkommen unterzeichnet. Die Unterschriften leisteten der damalige israelische Premierminister Jitzchak Rabin und der seinerzeitige jordanische Amtskollege Abdelsalam Al-Madschali. Am Rand der Szene schüttelten König Hussein und der israelische Präsident Ezer Weizman einander die Hände. Anwesend war auch US-Präsident Bill Clinton, der wahre Pate und Ermöglicher des Abkommens. Schauplatz war der Grenzübergang Wadi Arabah im äußersten Süden des Negevs, wenige Kilometer von der israelischen Hafenstadt Eilat entfernt. Heute ist der Übergang nach Rabin bekannt, der ein Jahr später, am 4. November 1995, von einem rechtsextremen Fanatiker ermordet wurde.

Der Friedensvertrag besteht aus einer Präambel, 30 Artikeln und fünf Anhängen. Er verpflichtet beide Seiten, militärische Gewalt gegeneinander weder anzuwenden noch anzudrohen und sich nicht an solchen Aktivitäten anderer zu beteiligen. Beide Länder müssen wirksame Maßnahmen unternehmen, um sicherzustellen, dass von ihrem Boden keine militärischen Drohungen, Gewalt oder »Subversionen« gegen die andere Seite ausgehen oder durch ihr Territorium hindurch, eingeschlossen den Luftraum, unternommen werden. Das erklärt ganz einfach, warum Jordanien verpflichtet ist, sich an der Abwehr von Drohnen und Raketen der »Achse des Widerstands« zu beteiligen, die sein Gebiet überfliegen. Die israelische Propaganda stellt deshalb das Königreich gern als Teil einer westlich geführten Allianz gegen Iran dar, was sachlich nicht gerechtfertigt ist. Der Friedensvertrag nämlich untersagt beiden Seiten auch, sich in irgendeiner Weise an »Koalitionen, Organisationen oder Bündnissen zu beteiligen«, die gegen die andere Seite gerichtet sind, oder mit solchen Zusammenschlüssen zu kooperieren.

Der Vertrag regelt außerdem den genauen Grenzverlauf zwischen Israel und Jordanien. Im Bereich der seit 1967 von Israel besetzten Westbank ist lediglich von einer »Verwaltungsgrenze« die Rede, mit dem Vorbehalt, dass das Abkommen den Status dieses Gebiets nicht präjudiziere. Israel bestätigt die seit 1967 garantierte Sonderrolle Jordaniens in den islamischen Heiligtümern Jerusalems. Die israelische Besetzung der Westbank war schon zu dieser Zeit kein Hindernis für ein Friedensabkommen, nachdem Hussein am 31. Juli 1988 seinen Verzicht auf dieses Gebiet ausgesprochen und die PLO als einzige dort maßgebliche Autorität anerkannt hatte. Das bot dem Königreich unter anderem den Vorteil, wenige Tage später Tausende von Jordanien bezahlte Beamte entlassen und in Pension schicken zu können.

Von großer praktischer Bedeutung für Jordanien ist Anhang II des Friedensvertrages, der genau in die Details gehend und differenziert nach Jahreszeiten die Verteilung des Wassers der Flüsse Jordan und Jarmuk sowie des Grundwassers der Arava-Senke südlich des Toten Meeres auf die beiden Staaten neu regelt. In der Hauptsache wurden dabei vermutlich bisherige Ungerechtigkeiten korrigiert, die sich Israel als weitaus stärkere Macht herausgenommen hatte. Ein Gemeinsames Wasserkomitee entstand, um bei der Suche nach zusätzlichen Ressourcen und beim Bau von Wasserspeichern zusammenzuarbeiten.

Ein Wunschtraum König Husseins war der Vertrag mit Israel trotzdem nicht. In der Hauptstadt Amman fanden Proteste mit schwarzen Fahnen statt. Von den etwas mehr als elf Millionen Einwohnern des Landes sind 2,2 Millionen als palästinensische Flüchtlinge registriert, darunter 630.000 ohne jordanische Staatsbürgerschaft. Tatsächlich ist der Anteil der Menschen mit palästinensischem Hintergrund an der jordanischen Bevölkerung erheblich größer, vermutlich beträgt er mehr als die Hälfte.

Aber Jordanien befand sich zu dieser Zeit in einer politischen und wirtschaftlichen Notlage, die sich die US-Regierung unter Clinton zunutze machte, um Hussein und seine Regierung zum Vertragsabschluss zu »überreden«, was in Washington das gebräuchlichste Wort für erpressen ist. Zusätzlich zu seinen übrigen Problemen war das Königreich auf die Verliererseite geraten, weil es seit Ende der 1970er Jahre ein wirtschaftlich motiviertes Zweckbündnis mit der »revolutionären« Führung in Bagdad eingegangen war. Jordanien unterstützte Irak im Krieg gegen Iran (1980–1988) und erklärte sich als einziges arabisches Land neutral, als die USA nach dem Überfall auf Kuwait (August 1990) eine Kriegskoalition aus nominell 42 Staaten formierten und Irak in einem kurzen Krieg vom 17. Januar bis 28. Februar 1991 zur Kapitulation zwangen. Jordanien, traditionell ein treuer Verbündeter der USA, verlor dadurch nicht nur einen wichtigen Handelspartner und Geldgeber, sondern zeitweise anscheinend auch das Wohlwollen Washingtons.

Die Wiederannäherung war schon weit vorangeschritten, als Hussein im Juni 1994 das Weiße Haus besuchte. Präsident Clinton stellte in Aussicht, Jordaniens Schulden gegenüber den USA in Höhe von 700 Millionen US-Dollar zu streichen und sich darüber hinaus bei anderen Staaten um analoge Maßnahmen zu bemühen. Abzahlungen und Zinsen verschlangen damals fast ein Drittel des jordanischen Haushalts. Umsonst war das Angebot selbstverständlich nicht. Es werde nicht leicht sein, den Kongress für diese Idee zu gewinnen, gab Clinton zu bedenken. Der wolle nämlich »sichtbare Beweise für Jordaniens Friedenswillen« sehen. Der Hinweis beflügelte die schon laufenden Gespräche zwischen dem Königreich und Israel. Am 25. Juli 1994 unterzeichneten Rabin und Hussein im Weißen Haus die »Washington Declaration«. Damit wurde der seit 1948 andauernde Kriegszustand zwischen beiden Ländern für beendet erklärt.

Der Abschluss des Friedensvertrages drei Monate später wurde auch durch die Veränderung der internationalen Rahmenbedingungen erleichtert. Am 15. November 1988 hatte der Palästinensische Nationalrat, eine Art Parlament der PLO, die Gründung eines unabhängigen Staates proklamiert. Zur selben Zeit wurde die Änderung oder Streichung aller Aussagen der Nationalcharta beschlossen, die die Existenz Israels negierten. Damit war der Weg zur Konferenz in Madrid frei, die vom 30. Oktober bis zum 1. November 1991 stattfand. Bewohner der Westbank und des Gazastreifens ohne offene Verbindungen zur PLO durften als Teil einer gemeinsamen jordanisch-palästinensischen Delegation daran teilnehmen. Weil dieses Format sich nicht als effektiv erwies, nahm Israel in Oslo direkte Geheimverhandlungen mit der PLO auf, die am 13. September 1993 zur Unterzeichnung des ersten Oslo-Abkommens im Weißen Haus führten.

Aus Bill Clintons Ansprache an das jordanische Parlament am 26. Oktober 1994:

Frieden muss sich lohnen

(…) Damit der Frieden dauerhaft ist, muss er nicht nur Schutz bieten, sondern auch spürbare Verbesserungen der Lebensqualität normaler Bürger schaffen. (…) Die Vereinigten Staaten verstehen, dass Frieden zu wirklichen Vorteilen führen muss, und wir unternehmen Schritte, um dieses Ziel zu erreichen. (…)

Wir haben versprochen, alle Schulden Jordaniens bei unserer Regierung zu erlassen, und wir haben andere Länder ermutigt, ja gedrängt, das Gleiche zu tun. (…)

Von einem Ende Ihrer Grenze mit Israel zum anderen bereitet sich die Trilaterale Wirtschaftskommission der USA, Jordaniens und Israels darauf vor, in den Fortschritt zu investieren. Visionäre Entwürfe zur Entwicklung des Jordantals, ambitionierte Projekte zur Produktion von mehr Energie und Wasser, neue Anstrengungen, um Mineralien aus dem Toten Meer zu gewinnen, und begeisternde Pläne, um Besucher zu ermuntern, die Wunder Ihres Landes zu teilen – all das wird zum Leben gebracht. (…)

Diese entscheidenden Schritte und andere mehr, um Ihren Bürgern die wirtschaftlichen Chancen zu bieten, die sie verdienen, sind lebenswichtig, um Frieden in Jordanien und überall im Nahen Osten zu schaffen. Wenn die Menschen diese Vorteile nicht erfahren, wenn die Armut weiter Verzweiflung erzeugt und Hoffnung tötet, dann finden die Betreiber der Angst fruchtbaren Boden. Schließlich ist die Chance, in Harmonie mit unseren Nachbarn zu leben und ein besseres Leben für unsere Kinder aufzubauen, die Hoffnung, die uns alle miteinander verbindet. (…)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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