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Aus: Ausgabe vom 28.10.2024, Seite 8 / Ansichten

»Bußtage« ist Mehrzahl

Von Knut Mellenthin
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Bereit zum Angriff auf Iran: Israelischer F-15-Kampfjet am 26. Oktober 2024

Welche Ziele im Iran die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Sonnabend wirklich angegriffen hat und mit welchen Ergebnissen, wird man vermutlich nicht so schnell erfahren. Israel spricht von einem schweren Schlag gegen die Flugabwehr und die Raketenproduktion der Islamischen Republik, Iran feiert einen Erfolg seiner Luftverteidigung.

Aber dass die »Operation Bußtage«, wie sie offiziell genannt wird, weit hinter den Ankündigungen und Befürchtungen zurückblieb, ist offensichtlich: Es wurden ausschließlich militärische Ziele angegriffen, Irans Atomanlagen blieben ebenso verschont wie seine Erdöl- und Erdgasproduktion. Darum hatte die US-Regierung gebeten. Das habe ihn überhaupt nicht beeinflusst, beharrt Premierminister Benjamin Netanjahu.

Trotzdem äußern sich israelische Oppositionspolitiker enttäuscht. Die Luftwaffe habe ihre Fähigkeiten und ihren Professionalismus gezeigt, lobte Avigdor Lieberman, aber dem Iran sei kein »wirklicher Preis« auferlegt worden. Die Regierung gebe sich wieder einmal mit »Showmanship« zufrieden, statt »auf eine Weise zu handeln, die unsere Stärke zum Ausdruck bringt«. Lieberman ist Chef der Partei Jisrael Beitenu, die eine liberale Religionsausübung mit krassem Chauvinismus verbindet.

Vom anderen Flügel der Opposition kritisierte Jair Lapid: »Die Entscheidung, nicht die strategischen und ökonomischen Schwerpunkte im Iran anzugreifen, war falsch. Wir hätten einen viel höheren Preis vom Iran verlangen können und sollen.« Lapids Partei Jesch Atid gilt als relativ wenig aggressiv.

Netanjahus extrem rechter Koalitionspartner Itamar Ben-Gvir, Minister für Nationale Sicherheit, hielt vergiftetes Lob für Netanjahu bereit: Der Luftangriff sei »wichtig als Eröffnungsschlag zur Schädigung von Irans strategischen Schwerpunkten« gewesen, »und diese muss der nächste Schritt sein«. Ähnlich der parlamentarische Oppositionsführer Benjamin Gantz von der rechten Nationalunion: Der Angriff sei wichtig gewesen und stelle »eine neue Phase in unserem Krieg gegen Iran« dar, »die die Grundlagen für weitere Aktionen legt«.

Netanjahu sieht es mit Sicherheit nicht anders. Dienstag kommender Woche wird in den USA gewählt, danach wird weitergeplant. Der Luftangriff lief vielleicht nicht zufällig unter dem Stichwort »Bußtage«. Gemeint sind die zehn Tage vom jüdischen Neujahr bis Jom Kippur. Gemeint ist aber womöglich auch, dass die beabsichtigte Bestrafung Irans länger dauern soll als nur einen Tag.

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