Alle 22 Tage ein Streik
Von Gerhard FeldbauerMit einem achtstündigen Streik wurden die privaten Eisenbahngesellschaften in Italien am vergangenen Freitag lahmgelegt. Das Bahnpersonal – von den Zugbegleitern bis zu den Schichtarbeitern – setzte die seit Monaten geführten Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen und Sicherheit am Arbeitsplatz fort. Der Ausstand umfasste alle Bereiche bei Trenitalia; Italo, das ein Netz zwischen italienischen Großstädten unterhält; und Trenord, das hauptsächlich den Regionalverkehr in der Lombardei betreibt.
Aufgerufen hatten die Gewerkschaften FILT CGIL, FIT CISL, Uiltrasporti, UGL Ferrovieri, FAST Confsal und Orsa Trasporti. Sie prangerten eine Messerattacke auf einen 44jährigen Zugschaffner an, der an Bord des Regionalzuges von Genua nach Busalla am Zielbahnhof schwer verletzt wurde. Die CGIL-PLattform Collettiva betonte, trotz einer langen Reihe von »Übergriffen auf mobiles Personal« in den vergangenen Monaten sei bis heute »weder ein Eingriff zum Schutz des Personals noch eine stärkere Kontrolle der Züge durch die Polizei vorgenommen« worden. Es benötige nun »dringende und entschlossene Maßnahmen« zum Schutz und der Sicherheit der Eisenbahner. Die Gewerkschaften forderten zudem die Erneuerung des nationalen Tarifvertrags, der zum Jahresende ausgelaufen war.
Es brauche eine grundsätzliche »Reflexion« der Mobilität in Italien, hatte FILT CGIL zum Streikaufruf erklärt. Das Land sei auf ein »kollektives Mobilitätssystem« angewiesen, doch das Verkehrsnetz drohe »nicht nur in Gebieten mit geringer Nachfrage, sondern auch in mittelgroßen städtischen Zentren und Großstädten allmählich zu verschwinden«. Der Nahverkehr sei zunehmend nicht mehr in der Lage, »den Bedürfnissen der Bevölkerung zu entsprechen«. Der durch fortgesetzte Kürzungspolitik »mittlerweile strukturelle Mangel an Betriebspersonal«, führe zu dauerhaft schlechteren Arbeitsbedingungen während Bahnpersonal »an vorderster Front und vor allem Frauen« das Ziel von »exponentiell zunehmenden Aggressionsepisoden« seien. Trenitalia und Trenord hatten den Pendelverkehr nach gesetzlicher Vorgabe in den Zeiten zwischen sechs und neun Uhr morgens sowie 18 Uhr und 21 Uhr aufrechterhalten. Zudem sollten Verbindungen von Schulbussen und zu Häfen und Flughäfen garantiert werden.
Ein Ausstand am 5. November hatte an Bahnhöfen wie Roma Termini und Tiburtina dem Wirtschaftsportal PMI.it zufolge bereits vor Streikbeginn zu Zugausfällen und Verspätungen bereitet. Betroffen waren demnach mehrere Verbindungen zwischen Rom und Mailand, einige Regionalzüge hatten teilweise Verspätungen von bis zu 60 Minuten verzeichnet. Am nördlich gelegenen Bahnhof Tiburtina waren die Auswirkungen besonders im Pendelverkehr bemerkbar. Vom größten Römer Bahnhof Termini war die Verbindung zum Flughafen Fiumicino durch den Ausstand ausgedünnt. Von Mailand aus waren Regional- und S-Bahnverbindungen in die gesamten Lombardei betroffen, auch hier war der Bahnverkehr zeitweise unterbrochen.
Allein im laufenden Jahr wurde im Nahverkehr und auch im Trenitalia-Netz alle 22 Tage gestreikt. So sei der Nahverkehrsstreik am 8. November bereits der 13. Ausstand innerhalb von 289 Tagen gewesen, berichtete Sky TG 24 am vergangenen Freitag. Nachdem die Beschäftigten ihrem Unmut Ende Januar bereits mit einem ersten 24stündigen Streik Luft gemacht hatten, setzte sich ihre Streikbilanz im Jahresverlauf weiter fort: Im März und April kam es demnach zu zwei weiteren Ausständen, im Juli sogar zu insgesamt drei. Im September folgte die zweite 24stündige Arbeitsniederlegung und ein weiterer Ausstand, im Oktober zwei weitere.
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