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Aus: Ausgabe vom 16.11.2024, Seite 7 / Ausland
Sri Lanka

Sieg für Dissanayake

Sri Lanka: Linksbündnis des neuen linken Präsidenten gewinnt Parlamentswahl. Hoffnungen liegen auf Bekämpfung von Wirtschaftskrise
Von Thomas Berger
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Plan aufgegangen: Dissanayake hat sich nun auch eine parlamentarische Basis geschaffen (Colombo, 14.11.2024)

Es war für viele in dieser Deutlichkeit schon eine gewisse Überraschung: Der neue marxistische Präsident Anura Kumara Dissanayake hat mit seinem Parteienbündnis die Parlamentswahl am Donnerstag in Sri Lanka überragend gewonnen. Die aus rund zwei Dutzend linken Parteien und Gruppen bestehende Allianz National People’s Power (NPP) kommt nach dem amtlichen Ergebnis der nationalen Wahlbehörde auf 159 der 225 Sitze im Parlament – das ist gegenüber bisher nur drei Mandaten geradezu ein Quantensprung. 17 Millionen Einwohner des problemgeplagten südasiatischen Inselstaates waren wahlberechtigt. Von denen, die tatsächlich ihre Stimme abgaben, machten landesweit rund 62 Prozent bei den Kandidaten der NPP ihr Kreuz. In vielen Distrikten kam die Allianz sogar auf Werte in Richtung 70-Prozent-Marke, nur ganz vereinzelt lag sie in einigen Gebieten überhaupt unter 50 Prozent. Von den 196 direkt vergebenen Mandaten gingen 141 an das Linksbündnis; der Rest sind Zusatzmandate nach dem generellen Stimmenanteil.

Es ist noch deutlicher als die Präsidentschaftswahl vor knapp zwei Monaten ein politisches Erdbeben, das sich da in Sri Lanka ereignet hat: Die alten Eliten wurden abgestraft, statt dessen gab es in beachtlicher Größenordnung Rückhalt für ein bislang in der parlamentarischen Präsenz nur ein Nischendasein fristendes Bündnis, das keinerlei Regierungserfahrung vorweisen kann. Wie schon beim noch etwas knapperen Wahlsieg Dissanayakes Ende September erklärt sich das jetzige Resultat aus der Hoffnung, dass der neue Präsident die sozialen Folgen der schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit zumindest abzumildern vermag. 2022 hatte diese das Land an den Rand des Zusammenbruchs geführt. Eine eigene Mehrheit im Parlament ist da hilfreich, um anstehende Reformen tatsächlich ohne Blockaden und Störprozesse umsetzen zu können.

Deutliche Stimmenverluste musste die größte Oppositionspartei hinnehmen. Die gesellschaftspolitisch konservative, wirtschaftlich neoliberal ausgerichtete Samagi Jana Balawegaya (SJB) des wichtigsten Gegenkandidaten Sajith Premadasa verlor viele Mandate, wurde mit deutlichem Abstand aber immerhin zweitstärkste Kraft. Rund 18 Prozent beim Stimmenanteil und lediglich 40 verbliebene Abgeordnete zeigen angesichts einer viermal so großen NPP-Fraktion aber das neue Kräfteverhältnis auf. Der über Jahrzehnte dominierende Rajapaksa-Clan rund um die beiden Expräsidenten und Brüder Mahinda und Gotabaya Rajapaksa war diesmal noch nicht einmal zur Wahl angetreten. Ihre Partei, die nominell sozialliberale SLPP, konnte nur noch drei ihrer Kandidaten durchbringen und ist damit weitgehend abgeschrieben. Gleiches gilt mit lediglich einem Sitz für die Vereinigte Nationalpartei, in früheren Zeiten mehrfach bestimmende Kraft, und die noch mit fünf Sitzen ausgestattete New Democratic Front, die hinter dem im September nur noch drittplatzierten Amtsvorgänger von Dissanayake, dem konservativen Politveteranen Ranil Wickremesinghe, steht. Trotz der Zersplitterung der Parteien der tamilischen Minderheit konnte sich ihre wichtigste politische Kraft, die ITAK-Allianz, als nun parlamentarisch drittstärkste Kraft acht Abgeordnetenplätze sichern. Der Präsident und die NPP dürften bestrebt sein, sowohl auf sie als auch auf den Sri Lanka Muslim Congress mit zwei Mandaten wenigstens punktuell zuzugehen, da die beiden wichtigsten Minoritäten im September noch eher gegen Dissanayake gestimmt hatten.

Dass eine Präsidentenpartei bei so kurz darauffolgenden Parlamentswahlen breiten Rückhalt erhält, ist in Sri Lanka nicht unüblich. Nun aber müssen Dissanayake und sein Team tatsächlich liefern. Das gilt neben dem Spagat, ungeachtet der Austeritätsauflagen des IWF für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, ebenso für sein erklärtes Ziel, die eigene Machtfülle abzuschmelzen und von der »exekutiven Präsidentschaft« wieder zu einem starken Premier und Parlament zurückzukehren.

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