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Aus: Ausgabe vom 16.11.2024, Seite 8 / Inland
Bezahlkarte für Geflüchtete

»Die Aktion ist ein Ausdruck unseres Protestes«

CSU möchte Umtausch der Bezahlkarte gegen Bargeld verhindern. Ein Gespräch mit Katharina Grote
Interview: Gitta Düperthal
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Mit (Wieder-)Einführung der Bezahlkarte kehren auch die Solidaritätsaktionen zurück (Offenburg, 17.1.2024)

Die Regierungspartei CSU in Bayern suche nach juristischen Wegen, um den Gutscheintausch für Geflüchtete, die neuerlich Inhaber einer Bezahlkarte sind, zu unterbinden, warnt der Bayerische Flüchtlingsrat. Was hat die CSU vor?

Der »Arbeitskreis Juristen« in der CSU droht, juristische Wege zu suchen, um unsere solidarische Praxis zu kriminalisieren. In einer Mitteilung drängt die CSU-Landtagsfraktion, die Tauschaktionen unter Strafe zu stellen. Man will gar auf Sachleistungen zurückorientieren. Die CSU-Stadtratsfraktion in München will prüfen, ob Einrichtungen, in denen Gruppen den Gutscheintausch anbieten, die städtische Förderung entzogen werden kann. Solche rechten Forderungen schwimmen im Fahrwasser der AfD. Die setzt bekanntermaßen schon länger missliebige oder sie kritisierende Organisationen mit ähnlichen parlamentarischen Anfragen unter Druck.

Was macht die Tauschpraxis für die Regierenden in Bayern so gefährlich?

Das verstehen wir auch nicht. Es ist Unsinn, wenn rechte Kräfte im Land, darunter die CSU, behaupten, wir würden mit unseren Aktivitäten das System mit der Bezahlkarte unterwandern. Es wäre utopisch, dass wir alle Bezahlkarten tatsächlich in Bargeld umwandeln könnten. Die Geflüchteten leiden trotzdem darunter. Sie können weder auf Flohmärkten noch in Secondhandläden einkaufen, wo es günstig ist. Die Aktion ist ein Ausdruck unseres Protests. Wir können nicht damit einverstanden sein, dass für einen Teil der Bevölkerung die Grundrechte ausgehebelt werden.

Welche Ausmaße hat das Tauschen von Gutscheinen mittlerweile in Bayern angenommen?

Seit Juli gibt es die sogenannte Bezahlkarte in Bayern – und wir sind mit dem Tausch in Bargeld nicht nur in München erfolgreich. In Städten wie Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Würzburg und im ländlichen Bereich gibt es Initiativen. Weil die Karte bundesweit eingeführt werden soll, sind auch anderswo welche in Vorbereitung. Es freut uns, dass wir soviel Zuspruch erhalten.

Ein rechtes Medium war »undercover« bei einer Initiative und behauptete, dort habe kaum jemand Gutscheine in Bargeld tauschen wollen.

Die Aktion läuft meist verteilt über mehrere alternative Orte, Cafés, Läden etc.; betrachtet man nur einen Ort, kann es dort zeitweise durchaus eher ruhig zugehen.

»Rechtswidrig ist die Bezahlkarte – nicht unsere Solidarität«, sagen Sie. Was haben bisherige rechtliche Überprüfungen dazu ergeben?

Die restriktiven Vorgaben der Bezahlkarte sind willkürlich und nicht, wie gerne von CSU-Ministerpräsident Markus Söder kolportiert, ein »rechtlich gebotenes Minimum«. Das Sozialgericht Nürnberg hatte bereits im Juli festgestellt, dass das pauschale Begrenzen des Bargeldbetrags auf 50 Euro unzulässig ist. Eine Korrektur dieser Praxis fand jedoch nicht statt. Die Tauschaktionen sind eine notwendige Reaktion darauf, dass die so verfasste Bezahlkarte das verfassungsmäßige Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum unterläuft. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen darauf hingewiesen, dass es nicht unterschritten werden darf. Solange der Gesetzgeber an diesen rechtswidrigen Vorgaben festhält, halten wir an unserer solidarischen Praxis fest.

Sie fordern die politischen Verantwortlichen auf, die Regelungen zur Bezahlkarte zu reformieren. Warum wollen Sie an dem Modell weiter festhalten?

Klar könnte man die Karte aus unserer Sicht abschaffen. Man kann sie auch einsetzen, Geflüchtete müssen damit aber frei Geld abheben oder überweisen können. Man darf ihnen nicht verweigern, frei darüber verfügen zu können. Alle im Land sollten sich dafür einsetzen, dass die Grundrechte aller Menschen in der Republik gewahrt bleiben. Wenn rechte Parteien zivilgesellschaftliche Kräfte angreifen, die sich dafür starkmachen, und dann diese Minderheit verfolgen, müssen sich endlich auch andere politische Kräfte dazu äußern.

Katharina Grote ist Sprecherin des Bayerischen Flüchtlingsrates

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